Den Sorgen schnell ein Schnippchen schlagen

Ordnung in die Gefühle bringt Christa Schyboll

Lasten schwere Gedanken oder Sorgen auf uns, so nehmen sie gern unser ganzes Bewusstseins für sich in Anspruch. Ein gewolltes Abdriften auf Nebenthemen gelingt oft nur ganz schwer. Manchmal ist es nur ein kleines Wort oder ein spontanes Gefühl, das zum Stichwort im wahrsten Sinne wird und: zusticht!

Es punktiert uns genau wieder in dem Problembereich, den wir doch gerne einmal kurz gedanklich verlassen hätten. Wir drehen uns schon wieder im Kreis. Das ist ärgerlich, kostet Kraft und führt oft überhaupt nicht weiter. Abstand von den eigenen Gefühlen oder Sorgen wäre notwendig. Aber wie kriegt man das hin?

Ich habe für mich persönlich dabei etwas Neues entdeckt. Ohne dass ich je danach gesucht habe. Die Entdeckung war also zufällig und kam mir erst im Nachhinein ins Bewusstsein. Zahlen! Mit Zahlen kann man vortrefflich gegen unangenehme Gefühle oder Sorgen "ankämpfen“, ohne seine wertvollen Energien im Kampf gegen etwas zu verschleudern. Dabei geht es natürlich nicht darum, ein wichtiges Problem zu verdrängen, sondern nur darum, zu sich selbst in einen gesunden Abstand zu kommen. Es geht darum, die Gedanken zu klären. Sorgen und Probleme von jenen Schlacken zu reinigen, die unnötig sind. Denn nicht selten ist es unsere Angst oder unsere negativ gepolte Phantasie, die die Sorgen größer erscheinen lassen als sie in Wirklichkeit sind. Man hat ihnen jenen Teil der Dominanz zu entreissen, der ihnen einfach nicht zusteht und nüchternes Denken behindert.

Und da helfen Zahlen?, mag so mancher skeptisch fragen. Keine Sorge, es geht dabei nicht um höhere Mathematik. Es sind mit dieser Methode all die Menschen angesprochen, die bis zehn zählen können. Das reicht. Und das kann wahrlich fast jeder. Um noch genauer zu sein: Nur bis neun. Das reicht schon aus! Fortgeschrittenen stehen dann auch später höhere Zahlen zur Verfügung.

Sie ahnen oder wissen es schon: Es geht um Sudoku. Es ist ein japanisches Zahlenrätsel, das in verschiedenen Schwierigkeitsstufen von ganz leicht bis knifflig gespielt werden kann. Wo immer sie eine kurze Zeitspanne haben, die sie sich keinesfalls wieder mit sorgenvollen Gedanken füllen möchten, versuchen Sie doch einmal eine Ablenkung mit Sudoku. Es ist kinderleicht, was die Regeln angeht. In jedes der neun mal neun Felder müssen lediglich die Zahlen von eins bis neun eingetragen werden - dürfen sich jedoch waagerecht und senkrecht nicht wiederholen.

Nun schreibe ich nicht deshalb, um Werbung für Zahlenrätsel zu machen, sondern nur wegen des Effekts, der gewiss nicht nur bei mir eintrat, als ich mich auf dieses Spiel einließ. Man kommt ganz weg aus dem Alltag. Man ist nur noch bei den Zahlen von eins bis neun. Sprich: Man hat so gründlich seine Gefühle ausgeschaltet, wie es vielen Menschen nicht einmal in tiefen Meditationen gelingt. Man ist nur noch Zahl. Aber ohne rechnen oder komplizierte Denkoperationen machen zu müssen. Das, was bei kniffligeren Rätseln dann tatsächlich ein wenig komplizierter ist und auch Spaß macht, ist aber keine Mathematik - insofern auch durchaus für Menschen mit Dyskalkulie durchaus gut geeignet. Vielleicht für manchen von ihnen auch deshalb ganz besonders, weil man einen neuen Bezug zu Zahlen gewinnen kann, ohne sich vor ihnen ängstigen zu müssen.

Mir machen diese Zahlenrätsel den Kopf klar und frei. Es ist schön, vorübergehend in eine Welt abzutauchen, wo kein Platz für Ärger oder sorgenvolle Gedanken ist. Keine für Dummköpfe, keine für neue Provokationen. Es gibt nur die Zahlen von eins bis neun - und mich! Und das ist eine hervorragende Kombination für eine kleine Zeit, in der man scheinbar außerhalb derselben weilt.

— 03. Mai 2012
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