Geiz

Wie es Raffzähnen und Furzenklemmern an den Kragen geht - von Christa Schyboll

Geiz ist geil, gell! Hier mal ein Schnäppchen, dort einmal schnell ein paar Euronen gespart, wenn man schnell und clever verhandelt oder zugreift. Das mag zwar hin und wieder mal an der Grenze zu Geiz lavrieren, ist aber nicht die Eigenschaft, die gedanklich hier betrachtet werden soll.

Hier geht es um den echten Geiz, der keine Sparsamkeit oder gelegentliches Knausern meint, sondern zu einer festen wie fiesen Charaktereigenschaft einer Persönlichkeit wurde und sie in allen möglichen Lebenslagen auch dominiert.

Geiz ist vermutlich älter als die Erfindung des Geldes und ist in allen Kulturbereichen zu beobachten. Unausrottbar hält sie sich tapfer mit an der Spitze der Untugenden. Ich vermute sie unter den Top Five, auch wenn es darüber kein zuverlässiges Zahlenmaterial gibt. Arme Menschen können zwar auch Träger des Geizvirus sein, jedoch kann er sich mangels Gelegenheit nicht wirklich aktivieren. Andeutungsweise vielleicht, was aber dann den Habenichtsen auch schnell nachgesehen wird.

Anders ist es bei denjenigen, die reich und habgierig zugleich sind. Selbst führen sie oft einen ärmlichen Lebensstil, um ihre Schätze zu hüten und möglichst zu vermehren. Mitgefühl mit Ärmeren mag sich nur selten einmal anfallsweise einstellen, ist aber in der Regel als konstanter Mangel zu beobachten. Auch deshalb, weil sich der Geizige häufig selbst "arm" fühlt, unabhängig von der Tatsache, dass er sehr wohl um seine feisten Konten und Besitztümer weiß.

Nicht selten ist ihm ein Verarmungswahn zu eigen, der alle Züge einer pathologischen Erkrankung trägt. Hin und wieder suchen Geizige sogar Trost bei anderen wegen ihrer gefühlten Besitzlosigkeit. Dies kann wahnhafte Züge tragen oder aber auch eine raffinierte Finesse sein, um den anderen die Botschaft zu vermitteln: Wage es nicht, mich nach Geld zu fragen! Ich habe nichts zu geben! Bedürftige wie Nichtbedürftige vernehmen solche Einflüsterungen sehr wohl und können sich entsprechend früh darauf einstellen. Keine Hoffnung bitte! Der Typ ändert sich nicht. Der Geizige weiß auf diese Weise im Allgemeinen unliebsame Situationen finanzieller Art schon prophylaktisch zu verhindern und muss nicht einmal in die Verlegenheit der Absage kommen.

Wie sehr der Geizige seine Mitmenschen in seinem unangenehmen Sein beflügelte, zeigt die große Anzahl von Ersatzwörtern, die sich je nach Region bildete. Darunter finden wir den Batzenklemmer in der Schweiz, den Geizkragen, Knauser, Geizknüppel, Knicker, die Krämerseele, Pfennigfuchser, den Geizknochen, Raffke oder den Jeldjüdd nach Kölner Mundart.

Wie aber begegnet man Geiz und Geizigen wirkungsvoll? Einsehen und Verständnis prallen so zu verlässig ab, wie der Tautropfen auf dem Seerosenblatt. Vielleicht hilft uns hier das Prinzip der Homöopathie weiter, das gern Ähnliches mit Ähnlichem heilt, wie der gute Samuel Hahnemann einmal intelligent herausfand?

"Similia similibus curentur" möge man also jenen unverbesserlichen Geizhälsen zurufen und ihnen notfalls so begegnen auf das sie an ihrem eigenen Spiegelbild erwachen können … bis ihr Herz endlich wieder richtig taktet und die verkrampfte Hand freiwillig geöffnet wird.

— 07. August 2010
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