Gleichmut - oder Gleichgültigkeit?

Gedanken über zwei unerkannte „feindliche Brüder“ von Christa Schyboll

Da gibt es liebe Zeitgenossen, die sich im größten Trubel, im Stress, gar in Gefahr ruhig verhalten. So, als ginge sie nichts etwas an. So, als wäre zwar der Rest der Welt, aber nicht sie persönlich betroffen.

Und immer wieder steht man staunend vor dem Phänomen und fragt sich später: „Was war denn das jetzt?“ – und meint damit jene untypische Verhaltensweise, die man nicht so genau einzuordnen weiß. War es nun Gleichmut oder Gleichgültigkeit einer Sache oder Personengruppe gegenüber?

Die Grenze zwischen beiden Begriffen kann sehr eng sein. Manchmal sind sogar Überschneidungen möglich, die man nicht direkt sauber fassen kann, weil das Gemeinsame der beiden entweder ein Nichthandeln/Nichtreagieren ist oder umgekehrt eines aus einer gewissen Ruhe heraus. Aber welcher Ruhe?

Menschen, die vielem gegenüber gleichgültig sind, haben ihre eigenen Motive, so zu sein. Der Grund für ihre Haltung ist immer ein individueller, den man häufig nicht kennt. Aber sie haben so etwas wie „mit der Welt abgeschlossen“… es interessiert sie einfach nicht mehr. Sei es aus Reizüberflutung zu anderen Seiten, sei es durch Konfrontation mit zu viel Leid, das letztlich ein Fass ohne Boden war - sei es aus rein egoistischen Motiven, die aufgrund vieler Lebensprägungen entstanden sein können. Jedenfalls interessiert sich dieser Menschenkreis nicht sonderlich um das Wohl des Nächsten oder den Rest der Welt.

Die Gleichmütigen wiederum scheinen auf den ersten Blick ähnlich zu sein. Auch sie reagieren nicht sonderlich agil oder schnell, gehören eher seltener dem cholerischen Machertypus an, sondern sind in sich gekehrt und scheinen ähnlich weit von der Welt „weggerückt“ zu sein wie die Gleichgültigen.

Soweit der Oberflächenblick. Schaut man sich diese beiden Grundtypen der Gleichgültigen und Gleichmütigen näher an, ergeben sch nicht nur Unterschiede, sondern etwas viel stärkeres: Gegensätze. Geradezu unüberbrückbare Klüfte, wenn man nur genau genug hin schaut. Und die Hauptkluft dabei entsteht im Erkenntnisakt. Letzteren haben die Gleichgültigen in aller Regel NICHT vollzogen. Sondern sie folgen einem Instinkt oder einem mehr noch nebelhaften Gefühl, wenn sie sich Schulter zuckend verweigern und kein Interesse am positiven Fortgang der Menschen- oder Weltentwicklung aufbringen. Fatalismus – nicht selten mit leicht heruntergezogenen Mundwinkeln oder hochgezogenen Augenbrauen – bestimmen ihren Alltag, den sie begehen wie es ihnen passt.

Die Gleichmütigen, die oftmals ähnlich zurückgezogen leben, nicht im Vordergrund lauter Ereignisse stehen oder sich selbst als Blickpunkt fokussiert wissen wollen, haben aber das Wesentliche erkannt. Aus ihrer Besonnenheit heraus können sie stille sein. Können abwarten und auch hoffen. Sie begraben die Hoffnung alleine schon deshalb nicht, weil sie in aller Regel an die Kraft der Qualität glauben, die sich irgendwann durchsetzen wird. „Zeit“ ist dabei ein Faktor, der bei den Gleichmütigen aus Erkenntnis eine untergeordnete Rolle spielt… und all dies ganz gelassen, in sich ruhend, … eben gleichmütig.

— 21. November 2009
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