Größenwahn

Eine Krankheit namens Megalomanie. Von Christa Schyboll

Auch wenn der medizinische Fachbegriff Megalomanie uns allen weniger geläufig ist, so kennen wir doch diese Krankheit gut. Oft besser, als uns lieb ist. Der Größenwahn.

Es gibt Zeiten, da haben wir den bösen Verdacht, dass diese Krankheit sich flächendeckend auszubreiten gewillt ist und immer mehr Menschen an diesen Symptomen zu leiden scheinen. Größenwahn! Zelebriert vor allem in obskuren Selbstdarstellungsszenarien, für die wir auch noch unsere wertvollen Gebühren Zwangs entrichten müssen.

Größenwahn von Kleinen und Großen, Bekannten und Unbekannten schwappt uns wie Suppe über den Tellerrand des Fernsehprogramms. Ist man schon halbwegs gut bekannt, hat man ja leider oft noch eine ganze Riege gleichfalls bekannter VIPs auszustechen, die man nun irgendwie aus den Schlagzeilen booten muss um selbst hinein zu gelangen. Und ist man noch nicht bekannt, wird’s aber höchste Zeit! Mit allen Formen von Größenwahn ist das durchaus auch zu schaffen. Denn kaum etwas ist besser für die Schlagzeilen als die Bad News. Sofern sie von Verrückten bedient werden, ist der Fun-Faktor auch noch garantiert. Dennoch eignet sich nicht jeder Größenwahnsinnige dafür. Es müssen da schon ein paar Talente oder Umstände hinzukommen. Ein schöner Skandal beispielsweise. Es darf dann auch ein ganz lächerlicher Anlass sein. Das bekommt man schon hoch gepuscht. Wozu gibt es schließlich die vielen Halbwahrheiten. Sollen sie immer nur ungenutzt in der Ecke herum stehen? Soll sich die Wahrheit etwa an der Wirklichkeit verschleißen?

Doch was ist nun mit unseren Größenwahnsinnigen? Was ist das für eine Krankheit? Ist es sogar schon eine Sucht? Bei manchen gewiss. Andere arbeiten noch daran. Aber das wird, wenn sie sich nur ordentlich genug enthemmen.

In der Regel ist es so, dass sich die größenwahnsinnige Person für eine wichtige politische oder religiöse Persönlichkeit hält. Na, fallen ihnen da vielleicht schon ein paar Namen ein? Nicht jeder von ihnen will dabei gleich ein Gott oder ein Prophet sein. Manchmal reicht auch schon der Glaube an eine Kanzler- oder Präsidentenschaft, die man mit seiner eigenen Großartigkeit verbinden möchte. Oft ist damit auch noch ein Sendungswahn gekoppelt, denn letztlich muss sich die eigene Größe ja auch aus irgendetwas Substantiellem heraus speisen. Ob der Sendungswahn sich dann auf politische Gesetzesvorhaben oder neue religiöse Umkehr richtet, ist für den Megalomaniker nicht so unbedingt wichtig. Wichtig ist nur, dass er die Ebenen nicht verwechselt. Ein selbst ernannter Prophet sollte die Finger von der Rentenreform und der Kernkraft lassen. Und ein Abgeordneter mit großen Plänen sollte sich nicht unbedingt laut und deutlich mit einem Vorschlag zur Eingliederung bestimmter Sekten in den Mutterschoß der Kirche hervor tun.

Gibt es Heilung? Manchmal. Eine gute Heilung ist in manchen Fällen zum Beispiel die Erfüllung eines solchen Wunsches. So wurde schon mancher im gewünschten Amt von der Wirklichkeit heimgesucht, an der er dann endgültig gesundete. Da aber solche hohen Ämter nicht allzu häufig besetzt werden können, ist die Heilungsrate leider unter der Norm anderer Gebrechen.

— 03. Februar 2013
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