Gute Menschen

Braucht es die Tat, um gut zu sein?, fragt Christa Schyboll

Was würden Sie persönlich antworten, wenn man sie fragt: Sind sie ein guter Mensch?! Vielleicht kommt dabei für jeden eine spannende Antwort heraus, wenn man mit der selbstkritischen Reflexion beginnt.

Aber was ist überhaupt ein "guter Mensch"? Wodurch zeichnet er sich aus? Jeder muss sich diese Definition selbst erarbeiten, da es keine einheitliche geben kann. Zu verschieden sind die Vorstellungen von Gut und Böse. Zudem ist die Frage auch deshalb relativ, weil es häufig auch eine Frage in einer akuten Situation ist, die da Menschen sehr verschieden urteilen lässt. Buddha zum Beispiel sagte: "Es nützt nichts, nur ein guter Mensch zu sein, wenn man nichts tut."

Man könnte bei der Suche nach einer für sich selbst stimmigen Definition eine Reihe von Antworten parat halten. Wie zum Beispiel: Ein guter Mensch ist jemand, der sich bei seinen Handlungen nicht allein von materiellen Erwägungen leiten lässt, sondern auch von ideellen. Oder einer, der anderen Mitmenschen nicht nur nicht schadet, sondern hilft. Jemand, der die Würde und das Sosein des anderen achtet, respektiert und sich in seinem Benehmen danach verhält. Oder auch jemand, der die rechte Form der Selbstliebe und der Nächstenliebe in einer weisheitsvollen Balance hält.

Fast immer sind solche und ähnliche Antworten in einem Zusammenhang mit Handlung oder einer Tat gestellt. Ist man also etwa nicht gut, wenn man nichts gut? Laut Buddhas Ausspruch nützt es dann zumindest nicht besonders viel. Denn die Erde ist ein Tatplanet, der sich ständig umgestaltet und auch durch den Menschen geformt sein will. Der Mensch mit seiner Schöpferkraft hat sich im Handeln auszudrücken. Das Leben braucht Aktivität und Ruhe, Fluss und Lebendigkeit, die sich nicht allein im Nichtstun äußern kann. Sind also die Tätigen dann immer die Guten? Keineswegs, weil es ja auch eine ganze Reihe böser Taten gibt. Oder gutgemeinte Taten, die dennoch falsch sind und das Böse herauf beschwören. Aber es gibt auch die friedliche Nicht-Tat. Eine intensive Meditation beispielsweise ist ein innerlich hochaktives Tun, das dennoch von vielen Menschen nicht als wahre Tat erkannt wird. Vor allen von jenen nicht, die weder über Erfahrung noch über Wissen über den langen schweren Weg des Übens verfügen. Tun oder Nicht-Tun sind also relative Begriffe wenn es um die Qualität oder das Gut-Sein des Menschen geht.

Und was ist eine gute Tat? Sie fördert das Wachstum und Gedeihen, erschafft und hat heilsame Wirkung. Ist also Zerstörung, Zerfall oder Unheil gleichzeitig eine böse Tat? Nein, nur im Hinblick auf ein ganz bestimmtes Wertemuster aus der Sicht des Menschen, die er wieder mit seiner Moral und seinen Glaubenssätzen verknüpft, die wiederum auch mit seiner Verantwortung und seinem Handeln einher gehen. Unser Planet, die Natur, die Schöpfung kennt Aufbau und Zerstörung als natürliche Ordnung im immerwährenden neuen Rhythmus. Einen Vulkan als böse zu definieren ist ähnlich unpassend, als einen Leoparden des Meuchelmordes am Gnu zu verurteilen, das er fürs eigene Überleben jagt und verzehrt. Gut und Böse definiert sich durch die individuelle Moralvorstellung des Menschen und sein Bewusstsein darüber. Die Natur steht mit ihren anderen Geschöpfen jenseits solcher Wertungen, weil mangels freiem Willen die anderen Mitgeschöpfe von dieser Last befreit sind.

— 17. Oktober 2013
 Top