Weltkatzentag

Unsere Katze schaut wie ein Hund. Von Christa Schyboll

Unsere Katze ist ein Kater. Möge er uns verzeihen, dass wir ihn einst kastrieren ließen! Er ist ein Jäger und Bettler. Das Sammeln liegt ihm nicht so. In seiner Eigenschaft als Bettler schaut er uns an wie ein Hund.

Dahinter verbirgt sich Absicht. Denn er ist ein guter Beobachter. Und diesen Trick wendet er an, obschon er Hunde nicht leiden kann. Manche bekämpft er leidenschaftlich, wenn sie sich in sein Revier wagen. Nun ja, er ist ein mächtiger und großer Kater. Voller Würde und mit hohem Alter und scharfen Krallen gesegnet. Sein Hundeblick bezieht sich auf Fresserchen. Dann kann er plötzlich… Also sehr lieb sein. Schmusig sozusagen.

Aber nun dann, wenn er selbst es will! Nicht, wenn wir wollen. Unser Kater ist eigensinnig und charakterstark. Charakterstärke zeigt manchmal unangenehme Züge, wenn Wille gegen Wille steht. Unser Kater siegt oft. Zu oft. Er ist pädagogisch nicht wirklich zu fassen. Er tut oft nur so. Wenn man ihn ruft, kommt er. Manchmal. Manchmal auch nicht. Es hängt von seinem Sättigungsgrad ab. Und natürlich von seiner momentanen Laune.

Weisen wir ihn auf das gute Benehmen der Hunde in unserer Nachbarschaft hin, schaut er beleidigt weg. Tut so, als sei er nicht angesprochen. Als hätte er es mit den Ohren. Manchmal miaut er auch eine Antwort. Sie klingt wie: Hundeschule! Pahh!... Es wirkt ein wenig arrogant, wie er so maunzt. Unser Kater jagt Mäuse, Vögel, Ratten, Maulwürfe, Hunde und Nerven. Letztere vor allem meine eigenen. Neid schleicht mir die Seele hoch, wenn ein Hundebesitzer: "Platz!" ruft. Das Tier gehorcht. Mein Kater nicht. Hundeschule! Pah!

Außer mir muss niemand in der Nachbarschaft Tierleichen entsorgen. Unser Kater ist ein Mörder. Und manchmal auch ein kleiner Sadist. Könnte er die Maus denn nicht direkt…? Aber nein, das macht ihm keinen Spaß. Zappeln ist schön. Also das Zappeln der anderen.

Und wenn Besuch kommt! Ah, dann verstellt er sich. Jeder lobt ihn. Wie hübsch er doch ist! So geheimnisvoll gezeichnet. Wie eine Sphinx. Wie? Ihr habt noch keinen Schönheitswettbewerb mitgemacht? Nein. Haben wir nicht. Mit kleinen Mördern laufen wir nicht über die Gangway. Und wie verschmust er sein kann. Immer nur wenn Besuch kommt. Er schmeichelt sich ein. Streicht um schöne Frauenbeine oder Jeans. Bettelt nach dem freundlichen Händchen. Schaut unschuldig wie ein junges Kälbchen. Und schnurrt. Wie schön er schnurren kann. Wie gesagt: Wenn Besuch da ist.

Unser Kater veranstaltet gern öfter ein Affentheater. Der alte Schauspieler. Seine Rache für die Kastration? Alle sind begeistert. Zumeist. Aber hin und wieder kommt seine wahre Natur raus. Dann ist Schluss mit lustig. Dann fährt er die Krallen aus. Schneller, als eine von Löwen gejagte Gazelle rennen kann. Während des Ausfahrens haben sie bereits zugeschlagen. So schnell kann kein menschlicher Muskel auch nur zucken. Der Besuch schreit auf! Au! Blödes Vieh!... Das hat weh getan.

Unser Kater kennt das menschliche Geschrei nach einem seiner blutig erfolgreichen Schläge. Blitzschnell ist er vom Schoß verschwunden, rennt aus der nächsten offenen Tür. Er weiß: Jetzt ist jemand sehr sauer auf ihn! Warum, begreift er nicht wirklich. Was muss man auch immer in seinem schönen dichten Fell herum wühlen! Schließlich gehört es ihm. Und nicht uns. Und schließlich hat jeder auch mal die Nase voll von diesen schrecklichen Streicheleinheiten.

Jetzt werde ich bald zum vorübergehenden Favoriten. Nach einer gewissen Zeit kommt er wieder schüchtern hinein. Zum Besuch wagt er sich nicht. Er weiß genau, wie sauer der ist. Aber er weiß auch um die menschliche Vergessenheit, wenn er sich nächstens wieder einschmeichelt. Und in der Zwischenzeit hat er mich. Schaut mich an wie ein Hund. Macht mich weich. Ich kraule ihn. Aber nicht zu lange. Denn ich kenne ihn zu gut.

Am 8.August ist Internationaler Katzentag. Dann will er Leckerlis. Aber eigentlich will er sie immer…

— 07. August 2013
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