Kommunikationsformen

Welche Signale gibt uns der Körper? – fragt Christa Schyboll

Das Übliche geht so: Ein Mensch macht seinen Mund auf und spricht. Der andere hört zu oder tut zumindest so. Wie interessant oder langweilig das Gesprochene ist, wie wichtig oder lächerlich, ist hier zunächst uninteressant.

Allein, dass man in der Regel mittels des Kehlkopfes und gewisser Winkelzüge des Mundes, Gaumens, der Zunge usw. spricht, ist das, was wir hauptsächlich an verbaler Kommunikation kennen. Das geschriebene Wort als Schriftsprache sei einmal außen vor gelassen.

Was wir weiter kennen ist die Gestensprache. Oder der Ausdruck der Körperhaltung. Die verschwitzen Hände oder die feinen Perlen auf der Oberlippe. Linkische Blicke sagen ebenso viel, wie unverhohlenes Anschauen, was die Operationsbasis der verbalen Kommunikation schon bedeutend ausdehnt.

Die Gesichtsmimik ist ein weiteres Kommunikationsfeld, in all ihrer Lautlosigkeit. Gesteuert wird sie jedoch in der Regel keineswegs vom Wort, sondern vom Gefühl, das meist auf einem Gedanken basiert. Manchmal fühlt das Gefühl diesen Gedanken nicht einmal, sondern wütet nur so vor sich hin. Wüten tut manchmal gut. Fühlen geht auch ohne bewusstes Denken vonstatten.

Weitere Kommunikation sind aber auch die Geräusche, die wir verursachen. Damit meine ich die Innengeräusche, die man selbst vielleicht nur am Rande wahrnimmt. Dem Gegenüber bleiben sie oft ganz verborgen. Dennoch sind da und sind ein spannender Teil jener „stillen“ Kommunikation, die sich bis in die Organe des Menschen ausdehnt. Auch die Milz will mitreden. Auch die Gebärmutter hat durchaus was zu sagen. Oder die Gliedmaßen. Man denke zum Beispiel an das Scharren mit den Füssen, sofern man draußen ist und die kleinen Gartensteine hervorragende Hintergrundmusik zum Ärger abgeben. Oder das Trommeln der Finger auf dem nächst erreichbaren Gegenstand im Falle großer Empörung. Oder man denke an die glucksenden Geräusche des übersäuerten Magens angesichts schwer verdaulicher Informationen, die man gemeinsam mit dem Mittagessen einnahm. Da braucht es nicht einmal einen unfeinen Rülpser, um dennoch ein Konzert zu vernehmen. Auch im Darm tut sich des Öfteren viel oder im Lungengeäst. Man lege nur ein Stetoskop oder ein neugierig lauschendes Ohr an die betreffende Stelle. Manche Leute schnauben wie ein Rennpferd und bemerken es nicht. Nur weil kein Schaum vor dem Munde steht, sollte man sich hier nicht in die Irre führen lassen.

Kommunikation bedeutet teilen, mitteilen. Ist es das, was wir wollen? Wollen wir auch unsere Töne teilen und unsere Mimik? Bleibt uns denn überhaupt eine Chance, sie nicht mitzuteilen, weil sie doch autonom abzulaufen scheinen? Käme denn das große Erschrecken über uns, wenn wir uns beim Ablauf gewisser Kommunikationen dabei selbst im Spiegel sähen?

Klar ist, wir senden Signale aus. Unklar ist: Werden sie verstanden? Werden sie gehört und gesehen? Werden sie beachtet und dann am Ende sogar hoffnungslos missinterpretiert? Signale sind nicht ungefährlich. Sobald sie aus dem Körper des Menschen entlassen sind, kann man nur beten, dass der Signalempfänger sie richtig zu deuten weiß … bis hin in die unhörbare Geräuschkulisse aufgeregter Organe, die an ein Chaoskonzert erinnert.

— 02. November 2011
 Top