Vom Sinn des Lebens

Eine Annäherung von Christa Schyboll

Ein ausgelutschtes Thema? Wenn ja, dann fragt man sich, warum diese Sinnfrage immer wieder neu gestellt wird. In Foren, Chats oder besser den direkten Gesprächen von Angesicht zu Angesicht. Von Gläubigen, von Atheisten, spirituell Suchenden oder Skeptikern und Zweiflern. Obschon sich wohl Abermillionen von Menschen im Laufe der Geschichte der Frage widmeten - darunter hervorragende Köpfe – ist eines geblieben: Es gibt keine fertige Antwort.

Lohnt es sich, sich anzunähern? Ich meine JA! Annäherungen oder Ahnungen können das Leben bereichern. Man kommt um eine selbstkritische Beleuchtung des eigenen Lebens nicht vorbei, so man das Thema ehrlich angeht. Man bilanziert, wo man selbst in dieser Frage steht. Hat mein Leben Sinn? Wenn ja, worin oder weshalb? Wenn nein, was fehlt meinem Leben denn? Gibt es einen allgemeinen Sinn für alle Menschen – oder liegt das Geheimnis genau darin, dass jeder einzelne aufgefordert ist, seinem eigenen Leben auch seinen ganz eigenen Sinn zu geben, um ihn auch zu leben. Theorien alleine werden nicht befriedigen können, wenn das authentische Ausleben der eigenen Vorstellungen dabei unterbleibt. Es wäre ein Leben auf dem Trockendock.

Welchen Sinn man nun seinem Leben zu geben vermag, hängt von unendlich vielen Voraussetzungen ab, in die ein Mensch schicksalhaft hineingestellt ist. Der eine mag für sich den Genuss vorziehen, der andere den bewussten und gewollten Verzicht – auf was auch immer. Oder aber der eine sieht sein Spektrum mehr im ideellen, sozialen, politischen, künstlerischen oder gesellschaftlichen Tun, der andere im materiellen Gewinn, das auch gewisse Talente braucht, teils gleiche, teils andersartige. Für noch andere mag es die glatte Verweigerung sein, die mal erfahren werden will. Das „äußere“ dabei ist die Hardware in dieser Frage. Sie Software ist die innere Einstellung dazu.

Ist man in dieser Frage noch sehr befangen, unsicher und orientiert sich gerne an „glücklichen Menschen“ in der Umgebung, so kann das sowohl ein guter Gradmesser sein, wie auch völlig schief gehen, weil für einen selbst unter Umständen etwas ganz anderes angesagt ist. Es passt nicht. Aber was passt? Wo finde ich die eigene Richtschnur in mir allein, die auch nur für mich bedeutungsvoll ist?

Persönliche Sehnsüchte können dabei wiederum Hinweis sein… aber auch Irrweg, je nach dem auf was diese Sehnsüchte nun wachsen (z.B. Egoismus). Neigungen und Talente, die man vom Schicksal mitbekam, sind ganz sicher ein hervorragendes Werkzeug, das mit zu beachten ist: denn umsonst hat man sie sicher nicht „bekommen“ oder ist in jenen Erbstrom gelangt, wo man sie quasi nicht verhindern konnte.

Obschon es vermutlich keine eindeutige Antwort über den Sinn des Lebens gibt, gibt es aber dennoch so wichtige Gedanken dazu, die sich jeder machen kann, dass er ihn selbst auch für sich erringt und benennen kann. Trotzdem gibt es auch Gemeinsames, das alle dabei erleben: Die vielen verschiedenen Erfahrungen… von Glück und Leid, Schmerz und Freude, Hass, Wut, Zärtlichkeit – untermauert mit vielen Verlustängsten zwischendurch, mit immer neuen Hoffnungen, mit Zielen, die man verpasst oder erreichen kann und sich immer wieder neu aufrappelt, einfach nicht aufzugeben. Eine Zähigkeit, das Leben zu leben mit seinen unglaublich schillernden Facetten und der Möglichkeit, auch ohne Geld – das keinesfalls Voraussetzung für ein spannend gelebtes Leben ist – sein ganz persönliches Sinnuniversum zu schaffen. Vielleicht ist das sogar schon Sinn genug, es so bewusst wie nur möglich zu leben in nicht wiederholbarer individueller Einzigartigkeit, die es genau so niemals mehr geben wird. Vielleicht fügen wir genau damit dem „Ganzen“ durch unser „individuell gelebtes Leben“ genau das entscheidende Mosaikstückchen Leben hinzu, dass es eben braucht, um ganz zu sein. Und das in der Freiheit der Wahl zwischen schier unendlichen Variationen, die wir immer wieder Sekunde für Sekunde in jeder Nuance ändern können.

— 24. November 2009
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