Was macht das Leben lebenswert?

Gedanken von Christa Schyboll

Eine blöde Frage, weil die Antwort doch auf der Hand liegt? So scheint es auf den ersten Blick, wenn man sich mit einer schnellen Antwort zufrieden geben will. Die könnte lauten: Na alles, was Spaß macht!

Umgekehrt gilt: Alles war schwer, ärgerlich, lastend ist, macht dann das Leben eben nicht lebenswert, sondern beschwerlich und bedrückend. Für manche sogar so, dass sie den Tod als letzten Ausweg suchen. Doch das ist zum Glück eine winzige Minderheit.

Auch wenn man die obige Schnellantwort durchaus bejaht und akzeptiert, so ist sie meines Erachtens dennoch unvollständig, was den Wert des Lebens ausmacht. Man stelle es sich doch nur plastisch vor: Täglich Fun, Action, Spaß, Glück, köstliche Speisen und alle Freiheiten, die man sich nur ausdenken kann. Man braucht recht wenig Phantasie um schnell schon in der Theorie herauszufinden: Na ja, das kann es ja wohl nicht allein sein! Ein solches Leben wäre nach Wochen, Monaten, spätestens aber wenigen Jahren öde, langweilig, zersetzend. Überdruss könnte sich einstellen, der sich sogar in Aggressionen ausleben will, weil man soviel Glück einfach nicht aushält. Dafür sind wir nicht geschaffen.

Und weil wir dafür nicht geschaffen sind, haben wir es ja auch in aller Regel auch nicht. Die wenigen Menschen, die es haben, leben es vermutlich aber zumeist nicht, sondern suchen sich trotz allem dann sinnvolle Aufgaben, wo sie ihren Eigenwert im Tun erleben.

Jeder Mensch hat Talente und Begabungen. Manche werden erst im Laufe des Lebens entdeckt, andere zeigen sich schon in früher Kindheit. Ob diese Begabungen naturwissenschaftlicher, künstlerischer, sozialer oder sonstiger Natur sind, spielt dabei überhaupt keine Rolle. Wichtig ist nur, dass man sie wie eine wertvolle Perle entdeckt und im Rahmen des Möglichen lebt. Dann erfährt man sich in seinem Eigenwert auf besondere Weise und man spürt den Wert des Lebens in tiefer Übereinstimmung mit dem eigenen Tun.

Doch Vorsicht! Hier ist nicht die Leistung, nach der unsere Leistungsgesellschaft giert oder die äußere Anerkennung gemeint noch der Geldwert, den man für diese Leistung erhält – sondern der Wert, den wir selbst unserer eigenen Leistung zu geben vermögen - unabhängig vom Wert, den uns die anderen dafür geben oder vorenthalten. Macht man sein Tun allein vom Wert der anderen abhängig, werden viele Leistungen nicht oder viel zu wenig gewürdigt und könnten zu dem Fehlschluss gelangen, dass das Leben einfach nicht lebenswert ist, wenn ja nicht einmal das Bemühen und die kleinen und großen Talente eine Würdigung erfahren.

Das Leben ist lebenswert. Jede Sekunde wertvoll und köstlich. Aber nicht solche Aussagen sind dabei von irgendwelcher Bedeutung, sondern nur allein die persönliche und lebendige Erfahrung derselben, die man in jedem Augenblick neu erfahren kann, wenn man sich nur auf das Leben einlässt.

— 02. April 2012
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