Warum nur sind schlechte Nachrichten so beliebt?

Eine Betrachtung über Bad News Are Good News von Christa Schyboll

Die Medien weltweit leben davon: Schlechte Nachrichten verkaufen sich wesentlich besser als gute. Sie sind gefragter und beliebter – ganz entgegen der sonstigen Aussagen der Menschen, die sich selbst und den anderen doch eigentlich alles Gute gönnen.

Nur beim Lesen/Hören/Fernsehschauen usw. gilt es offenbar nicht: Das Schreckliche hat seinen ungebrochenen Reiz! – Die Verkaufszahlen und Einschaltquoten sind da einfach ehrlicher als Meinungsumfragen. Dass es auch andere Menschen gibt, bleibt unbenommen. Hier wird jetzt nur der Regelfall ein wenig betrachtet und nicht die Mitfühlenden oder Mitleidenden. Wir sprechen also über den (all)gemeinen Menschen schlechthin. Es dürfte sich dabei bei beiden Geschlechtern wohl um ähnliche Aussagewerte handeln.

Geht man mit „schlechten Nachrichten“ über sich selbst oder sein direktes familiäres Umfeld an Fremde oder Freunde, dürfte der Prozentsatz der Interessierten nicht nur höher sein als bei „guten Nachrichten“, sondern darüber hinaus wird auch in sehr vielen Fällen etwas aktiviert: Sozialkompetenz! Darf man sie als Zuhörer geben oder wird sie sogar erbeten durch den Rat Suchenden, ist der Tag gerettet. Man erlebt sich als Zuhörer, Tröster, als Berater als menschlich sozialkompetent und steigt des Abends in stolzer Ruh ins Bett. Man hat etwas geleistet, hat Trost gespendet, konnte eventuell sogar helfen!

Was ist es aber nun, das Menschen, die tatsächlich in aller Regel gut gesinnt sind, so heiß drauf macht, dennoch „lieber“ schlechte als gute Nachrichten zu hören oder lesen: Ohne Vollständigkeitsanspruch kann festgestellt werden, dass mit den schlechten Nachrichten sich in der Regel ein Lebendigkeitsempfinden einstellt. Eine innere Aktivität geht los, die zum Beispiel ein blitzschneller Gefahreninstinkt sein kann. Sofort schnellen gewisse Fragen in den eigenen Gedankenkreis: „Kann mir das auch passieren? Lebe ich genauso gefährlich? Bin ich der/die nächste, die dran ist?“

Bei guten Nachrichten dagegen, kommt das Gefühl hoch: „Ja, fein! – Oh, prima!“…. Kurze Freude, bestenfalls, sofern die gute Nachricht nicht gerade auf einen Neidhammel trifft. Aber dann ist es auch schon wieder Schluss mit den Gefühlen, sofern es einen nicht direkt selbst betrifft.

Bei den schlechten Nachrichten jedoch, kann dieses erste Gefühl des Gefahreninstinktes zum Beispiel dann in tiefgreifende und weitergehende Assoziationsketten münden, die nach dem Check der potentiellen Gefahr nun mit Vermeidungsstrategien gedanklich operieren. Oder Vorsorgegedanken mit vielleicht schon skurril anmutenden Prophylaxeaktionen lassen schon mal ein wenig die Hirnkammern aufflammen.

Solcherart blitzschneller Aktivitäten sind in Zeiten oft „toter“ Beziehungen, grauem Alltag, nicht ausgelebten Träumen, eine grandiose Möglichkeit, etwas „zu spüren“. Letztlich sogar sich selbst. Also könnte es durchaus sein, dass die Attraktivität von schlechten Nachrichten sich letztlich u. a. auch daraus speist, dass man sich einfach beim Vernehmen der Bad News „lebendiger fühlen“ kann, gefordert ist mit seinen Talenten, Ideen oder seiner Tatkraft – und sei es nur in der momentanen Phantasie, weit weg vom Ort des schrecklichen Geschehens.

— 21. November 2009
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