Meinung

Meine Meinung meint nur meine Sicht, meint Christa Schyboll

"Ich werde dir mal meine Meinung sagen." ... Wohlan! Wie oft hören wir solche Drohgebärden oder Ankündigungen, die nichts als nur die persönliche Sichtweise des Äußernden sind.

Mein-ung kommt von mein und gehört ganz dem Subjektiven der Persönlichkeit an, die sie von sich gibt. Sie basiert auf den eigenen Lebenserfahrungen, dem erworbenen Wissen und seinen gesammelten Prägungen. Soweit ist das vollkommen in Ordnung. Das Problem entsteht meist dort, wo die eigene Meinung aber zur allgemeinen Wahrheit erkoren wird, sich zur Behauptung versteift und überhaupt sich gebärdet, als sie sie im Zentrum göttlichen Wissens ohne die Möglichkeit eines Irrtums.

Spricht man von öffentlicher Meinung, ist es schon häufig ein sehr verquirlter Mix von Anschauungen, der mit großer Skepsis zu betrachten ist. Die Meinungsvielfalt wiederum deutet darauf hin, dass die Meinung eigentlich dem Individuellen entspricht, was die "öffentliche Meinung" wohl nur schwer leisten kann. Hier ist letztlich doch nur von Tendenzen die Rede, die aufgrund eines psychisch erzeugten Standpunktes mehr oder weniger stabil sind und auch wieder schnell kippen können. Eine öffentliche Meinung ist durch Brainwash der Medien binnen weniger Tage umkehrbar… und häufig entsprechend viel wert. Die Wissenschaft hat aber auch ihre Probleme mit Meinungen und unterscheidet z.B. die Lehrmeinung, die herrschende Meinung oder die Mindermeinung im Falle eines gegebenen Streitfalles, die mangels Beweisbarkeit ungeklärt im Raume steht.

All diese feinen Unterschiede berücksichtigen die privaten oder öffentlichen Meinungsmacher und Meinungssager im allgemeinen nicht, sondern dreschen drauf los. Der Nachbar, wie der Politiker, der eigene Partner oder der Pfarrer von der Kanzel. Zur Sicherheit werden hin und wieder Meinungsunterstützer benutzt, in dem man die Bibel oder einen Nobelpreisträger zitiert, der zufällig der gleichen Meinung ist. Das kommt immer schon gut und bringt Punkte im psychischen Fight um die Meinungsherrschaft im Raum.

Die feine Unterscheidung, wann man aber einen Standpunkt vertritt, eine Annahme, These, feste Überzeugung, ein echtes Wissen und was davon auf welcher Urteilsgrundlage wird im Eifer des Gefechtes alles nicht mehr beachtet. Solange es darüber keine Meinungsverschiedenheit gibt, die zum Dissens oder schwerwiegenden Streit eskalieren, mag das alles auch funktionieren. Droht jedoch ein schwerwiegender Konflikt, ist man gut beraten, gemeinsam zu untersuchen, an welcher Stelle man die eigene Meinung zu etwas vertreten hat, wo Lehrwissen benutzt wurde und welche Parameter man für eine echte Urteilsbildung verwandte, die nun durch Qualität und Güte zu mehr geworden ist als nur einer Meinung. Unliebsame Missverständnisse können durch solche Differenzierungen vermieden werden. Überzeugt man in ruhiger Weise darin, so können auch aus den Mein-ungen dann sogar Dein-ungen werden, die zur einer Ein-(ig)ung führt.

— 07. August 2010
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