Menschenführung

… und was die Menschenliebe damit zu tun hat - von Christa Schyboll

Wo Menschen sind, muss geführt werden. Jedwede beliebige Gruppe besteht aus stärkeren und schwächeren Individuen. Selbst dann, wenn es sich um die Zwangsgruppierung von menschlichen Alphatieren auf Zeit handelt.

Warum hinter der Führung ein "muss" steht, ergibt sich in aller Regel aus der Bedürfnislage, die schlimmstenfalls eine Notlage sein kann. Hier ist eine Kooperation von Kräften gefragt, die die Gruppe zum eigenen Besten zu erbringen hat, um das gemeinsame Ziel zu erreichen. Die Kompetenzfrage muss nicht nur gestellt, sondern möglichst intelligent beantwortet werden. Geschieht das, sind die bestmöglichen Ergebnisse eher gewährleistet als in jenen häufigen Fällen des täglichen Lebens, wo inkompetente Menschenführer andere Menschenführer genau an der falschen Stelle platzieren. Was dabei heraus kommt, erleben wir täglich an vielen Stellen: Murks, Chaos, Schmerz, finanzielle Verluste, psychische Schwächung und ein insgesamt miserables Ergebnis in der Gesamtbilanz.

Es ist heute nur selten möglich, dass eine Gruppe aus sich heraus ihren Führer wählt. Meist wird er bestimmt durch andere, höhere Führer der gegebenen Hierarchie. Die Befähigung ist häufig jedoch nur in Teilgebieten gegeben, die zum Beispiel ein hervorragendes Sachwissen sein kann. Geht es jedoch darum, dass ein nicht unbeträchtlicher Teil der Führungsarbeit der psychologischen Interaktion und Optimierung gewidmet sein muss, sind Menschenführungsqualitäten und eigene Reifung unerlässlich. Doch tatsächliche Reifeentwicklung wird nur von jenen erkannt werden können, die sie selbst schon in sich entwickelt haben und nicht mehr allein auf geschickte Worte hören, deren Taten hoffnungslos hinterher hinken oder erst gar nicht zustande kommen.

Wesentlich für eine starke und gute Menschenführung ist die Menschenliebe. Und zwar jene, die unbestechlich klar auf das zu schauen weiß, was tatsächlich ist. Jene, die darum weiß, dass in jedem Menschen noch ungeheure ungenutzte Ressourcen liegen, die als Schätze für die Gruppe gehoben werden wollen. Jene die aber auch weiß, welchen natürlichen Grenzen z.B. eine Arbeitsgruppe unterliegt und das nicht alles Wünschenswerte auch machbar ist. Zwischen diesem Spagat dann so zu vermitteln, dass Einsicht und Akzeptanz aller Beteiligten erreicht werden, ist die ganz große Herausforderung und Kunst zugleich.

Je transparenter man selbst in seinen Führungsqualitäten ist, je mehr Vertrauen kann in Entscheidungen gegeben werden, die nicht immer für alle gleich angenehm sein können. Menschen zu führen heißt nicht nur, sie psychologisch mit Stärken und Schwächen zu durchdringen, sondern ihnen zu zeigen, dass man bemüht ist, ihre individuellen Qualitäten zu achten und zu fördern. Dann kann Begeisterung entstehen, weil man die Wertschätzung erhält, die man verdient hat und auch den Konkurrenten wertschätzen kann. Die Motivation, unter der Führerschaft eines guten Menschenführers wachsen zu wollen, ist enorm. Natürliche Egoismen können leichter beherrscht oder vermieden werden, wenn spürbar ist, dass neben Fairness und Gerechtigkeit eine Menschenliebe durch scheint ist, die man für sich selbst ersehnt und mit Hilfe derer auch die Schwierigkeiten in Beruf und Privatleben so viel leichter zu meistern sind.

— 07. August 2010
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