Euro-Krise

Unsere Chance oder unser Verderben?, fragt Christa Schyboll

Über die Eurobonds wird schon lange gestritten. Die einen halten sie für die Ultima Ratio, den letzten Ausweg, die anderen für ein Fass ohne Boden.

Das Bild des Fasses ohne Boden scheint sich aber bei allen Maßnahmen, die derzeit zur Rettung des Euros um die Hitliste rangeln, einzuschleichen, wenn man bedenkt, dass wir nun schon seit 2007 intensiv diese Themen weltweit beraten, vertagen und immer nur offenbar falsche Lösungen finden. Und da Europa schon lange keine Insel und in den Fängen globaler Abhängigkeiten verstrickt ist, ist es auch kein europa-internes Desaster, sondern ein globales, das auch die anderen mit hinunter zieht.

Schaut man nach Amerika, scheint das auf den ersten Blick bei noch viel höherer Verschuldung alles lässig zu klappen. Dabei wird aber weg geklappt, wie es bereits großen Armutsschichten dort im realen Alltag ergeht. Wie katastrophal die Gesundheitsversorgung ist und wie immer mehr Menschen draußen in selbst gebastelten Plastik und Bretterbuden auch aus dem Mittelstand hausen, die wirklich alles verloren haben, obschon sie lebenslang fleißig arbeiteten. Immobilienblase als Stichwort, hinter dem sich auch ein Wahnwitz von Gier etablierte, der den Sog in die Tiefe erst möglich machte und dabei voll legitimiert war.

Es ist dramatisch, wie sich auch in den reichen westlichen Nationen mehr und mehr die Verzweiflung breit macht angesichts der Uneinigkeit über die richtigen Maßnahmen. Gibt es sie überhaupt. Auf die Wirtschaftswissenschaftler, all die Volks- und Betriebswirte, die teils höchste und hoch bezahlte Beraterfunktionen einnehmen ist kein Verlass, wie wir handfest erleben. Oder hat irgendein Wirtschaftsweiser mit seiner Weisheit bisher den entscheidend richtigen Tipp gegeben? Da es sich aber um Menschen gemachtes Unheil handelt, muss es auch durch die menschliche Vernunft wieder zu verändern sein. Sind sie überfordert? Oder funktionieren diese Aussagen letztlich alle nicht, weil es zu viele Unbekannten in diesem Ratespiel auf die Zukunft gibt? Wir stehen ja nicht nur weiterhin seit mehr als einem halben Jahrzehnt (die echte Krise ist noch viel älter) am Anfang, sondern sind nahe am Abgrund in vielen Ländern. Es braucht überhaupt keine Panikmache geschürt zu werden, wenn man sich nur die nackten Zahlen einerseits und die Rate von Selbstmorden aus Verzweiflung andererseits anschaut.

Wäre dies ein kurzfristiges Problem, so könnte man Hoffnung haben. Wäre dies allein ein Banken-Abzockersystem, so ist zu fragen, wieso nicht viel früher, viel umfangreicher, viel drastischer Maßnahmen zur Einschränkung ausufernder Börsenneurosen ergriffen wurden. Es ist ja nicht so, als sei bisher niemand auf diese Idee gekommen. Gefordert wird es schon lange. Was also ist mit euren deutschen, was mit unseren europäischen und weltweiten Politikern los? Sind sie alle so lobbygesteuert, dass sich die Bankenmacht bereits so weit in der Politik verankert hat, dass Bankenrettungen in Milliardenhöhe tagtägliches Normalszenario werden, während das Elend eine immer breitere Spur zieht?

Occupy als Lösung? Offenbar nicht. Gut inszenierte Medienbilder, wichtige und auch sicher richtige Botschaften – und immer noch keine Lösung in Sicht. Zu klein, zu schwach und ohne Macht? Welche und wie viel Macht muss denn her, um all diesem Wahnwitz ein Ende zu bereiten? An der Bevölkerung, die arbeiten will, die fleißig ist, die in Frieden und Wohlstand leben möchte, liegt es nicht! Oder doch? Sind sie es, die letztlich die Falschen gewählt und damit das Falsche unterstützt haben? Aber wer wäre die Alternative gewesen? Gibt es sie überhaupt? Der Nebel in diesen Dingen scheint sich auch trotz Wirtschaftsweise und Denkfabriken weiter zu verdichten.

— 07. Juni 2012
 Top