Sudoko als Schmerztherapie?

Ein spannendes Selbst-Experiment von Christa Schyboll

Vermutlich geht es fast jedem ständig so, aber nicht jeder realisiert es auch tatsächlich: Wir experimentieren ständig mit uns. Mal bewusst, mal unbewusst. Ich möchte von einem meiner unbewussten Experimente berichten, das eine erstaunliche Wirkung brachte.

Eine ordentliche Anzahl von Jahren litt ich unter heftigen Kopfschmerzen, deren besondere oder speziellen Ursachen nicht gefunden wurden. Also kamen die „normalen“ Ursachen in Betracht, da ich weder vom Hirntumor noch sonstigen unschönen Dingen zum Glück befallen war. Normal war für die Ärzte: Zuviel am PC, überarbeitet, überstresst, Tendenz zu Workaholic. Maßnahmen: In Schwerstfällen Schmerzmittel, ansonsten alternative Heilmethoden, Akupunktur, Chi gong, Entspannungsübungen, kalte oder heiße Umschläge, je nach dem und vieles andere mehr. Sie kennen das. Fast alles brachte Linderung, hatte Wirkung und war keinesfalls umsonst. Jede Linderung tat gut. Nur: Es blieb. Hartnäckig, dauerhaft, chronisch. Die Linderungen allesamt waren dennoch gut. Auch machte ich immer wieder Pausen, aus reinem Trotz und wollte keinen Arzt, Heiler, Heilpraktiker mehr sehen – wie nett sie auch alle zu mir waren. Es nervte mich nur noch. Also tat ich nichts mehr. Mehrfach. Aber es kam zurück. In den Zeiten des Nichtstun, des Seinlassens, wie in den Zeiten eigentlich sinnvoller Aktivitäten. Weit über ein Jahrzehnt. Das ist schon ein ordentlicher Zeitraum, wo man als hellwacher Mensch die Phasen und sich selbst beobachten kann.

Dann verschwand es. Nicht direkt über Nacht, sondern nach und nach. Ich traute dem Braten aber nicht. Ich dachte, die chronische Schmerzerkrankung trickst dich nur aus, will dich in Sicherheit wiegen und springt dich dann bald wieder umso stärker an. Das passierte aber nicht. Es verschwand so vollständig, dass ich nur noch ins Staunen kam. Denn diese Kopf- und Nackenschmerzen waren begleitet von Armlähmungen (Schreibtischarbeit u.a.), Karpaltunnelsyndrom und noch so manch anderen Beschwerden, die irgendwie alle Folge des anderen zu sein schienen und meine Nervenbahnen tangierten.

Was hatte ich verändert? Eigentlich nichts. Ich arbeitete immer noch zu viel, einfach weil ich gern arbeitete, aber die Symptome waren trotzdem weg. Tai Chi, Chi gong und anderes hatte ich nach Zeiten langen Übens wieder eingestellt (was nicht zu empfehlen ist), weil mein innerer Schweinehund sich einfach diese Zeit nicht nahm. Ich hatte also die alten negativen Gewohnheiten durchaus voll drauf, die guten und gesundenden Maßnahmen eingestellt oder reduziert und war dennoch geheilt?

Die Frage umtrieb mich, aber ich fand keine Antwort. Dann ließ ich diese Fragestellung offen und hoffte einfach darauf, dass es einfach nur „Glück“ war. Bei meinen Recherchen zu einem bestimmten Thema jedoch fand ich kürzlich eine Antwort, die mich mehr als erstaunte. Vermutlich habe ich mich unbewusst über Zahlen geheilt. Bitte lachen Sie nicht, die Sache ist mir wirklich ernst! … oder lachen Sie gern und lesen Sie trotzdem weiter.

Ich hatte vor zwei Jahren mit dem Sudoko-Spiel begonnen. Jenes Zahlenrätsel, das sich in der Regel nur kombinatorisch – ohne zu rechnen, ohne Mathematik – mit Zahlen auseinandersetzt. Dies hatte mir spontan Spaß gemacht und irgendwie gut getan, ohne dass ich diesem Guttun aber Aufmerksamkeit schenkte. Aber es war nur ein Spiel, ein kleiner Zeitvertreib, dem ich jedoch eine ordentliche Portion Zeit nach und nach widmete – eigentlich mehr, als ich vor mir selbst verantworten konnte angesichts der vielen Projekte, die auf mein Zeitfenster warteten.

Dann las ich im Zuge einer Recherche über die Bedeutung, Symbolik und Qualität von Zahlen – und es fiel mir wie Schuppen von den Augen. Durch die unbewusste und nicht zielgerichtete Konzentration über einen langen Zeitraum von mehreren Jahren auf die Zahlen von 1 bis 9 hatte ich mich selbst in einen so tiefen Zustand emotionaler Neutralität gebracht, dass wirklich alles von mir abfiel. Da war kein Mensch, nicht mal ich selbst mehr, in Gedanken vorhanden. Keine Sorgen, kein Stress, keine Überlegungen, kein Ärger – nichts mehr. Nur noch die Zahlen von 1 bis 9. Ihnen allein gehört während der Zeit des Spielens so vollendet meine ganze Aufmerksamkeit, dass sich offenbar unendlich viele Blockaden im Körper endlich einmal vollständig auflösen durften und der Fluss der eigenen gesunden Energien wieder Durchlass fand.

Dies Neutralität der Gefühle und Gedanken hatte ganz gewiss auf meine feinsensorischen Nerven ein überaus großes Gewicht im Hinblick auf die Chance einer Genesung. Ich bin mir dabei im Klaren, dass man dies auch ohne Zahlen auf andere Weise erreichen kann, nämlich mit jenen anderen alternativen Entspannungsübungen oder eben einer echten Tiefenmeditation, die zum gleichen Ergebnis führen kann. Warum ich diese Zahlen-Heilungsalternative aber dennoch erwähne, ist eben der Umstand, dass es vielen Menschen aus individuellen Gründen eben NICHT gelingt, dermaßen tief, lange, häufig und ausreichend in eine solche Meditation einzutauchen, wo diese Gefühls- und Gedankenabwesenheit in Bezug auf Emotionen tatsächlich auch erreicht wird. Geübten Meditationskünstlern gelingt es gewiss – aber das ist nicht jeder von uns. Gleiches gilt für die anderen sinnvollen Techniken, die ebenfalls den gleichen Gesundungseffekt erreichen können, aber oft deshalb nicht tun, weil der Geist beim Tun eben doch zu sehr noch abgelenkt ist auf Gefühle oder Gedanken, die mitschwingen. Bei der Zahlenheilung jedoch war das leicht, weil die volle Konzentration nur diesen Zahlen galt und gelten musste.

All das ein natürlicher, kleiner, für jedermann machbarer Trick des Gehirns oder des Bewusstseins, seinen eigenen Fallen endlich zu entgehen. (Fast) kostenlos (sieht man von den preiswerten Sudokuheften ab), überall durchführbar, ohne Nebenwirkungen und als persönliches Experiment absolut empfohlen.

— 12. Juli 2012
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