Schule

Alles doch nicht so schlimm? hinterfragt Christa Schyboll

Eine scheinbar kleine Meldung heute morgen in der Tageszeitung. Beachtenswert deshalb, weil sie etwas Positives enthält. So erfreulich, dass man sich beim Kaffee die Augen doch gleich zweimal reibt!

Es wurden nämlich noch nie so wenig verbeamtete Lehrer in Frühpension geschickt wie im letzten Jahr! Also kann das doch alles mit dem Tatort Schule gar nicht so schlimm sein. Sonst müssten sie doch gleich Reihen weise umfallen.

Schön wär’s. Warum offenbar nun mehr Lehrer tapfer durchhalten, war der Pressemeldung nicht zu entnehmen. Aber Tatsache bleibt, dass es immer noch viel zu viele überforderte Lehrer und Lehrerinnen gibt. Die Schulsozialarbeit müsste an vielen Orten aufgestockt werden. Die Ganztagsschulen sind weitere neue Herausforderungen, die auch die Lehrer fordern. Pisa ist eine Art Dauerschrecken, wenn man sieht, wer in der Welt ständig alles besser abschneidet. Auch wenn wir aufgeholt haben, so aber doch in immer noch problematischer Reihe mit manch einem Schwellenland stehend. Selbst von Indien kommt die Botschaft, dass dort so manch ein schwacher Schüler besser aufgefangen wird als in unserem Kulturland… na ja, sofern es nicht die armen Analphabeten in Indien betrifft, die leider niemals eine Schule von Innen zu sehen bekommen.

Weitere Probleme macht die Angstkultur, die noch immer nicht abgebaut scheint. Unter Schülern, Eltern, Lehrer – und jeden dabei völlig anders überfordernd. Die Sache mit der Notengebung ist problematisch in einer Leistungsgesellschaft, die vom Messen und Bewerten so abhängig ist, wie der Süchtige von der Nadel. Und so lange man in einem solchen System ja lebt, überlebt und die Existenz sichern muss, ist da auch keine schnelle wohlfeile Lösung zu erwarten. Sicherheitshalber werden also auch die nächsten Generationen von Kinder wieder für die Leistungsgesellschaft fit gemacht, damit bloß keiner auf die Idee kommt, Leben und Arbeiten könnten auch ohne Leistungsdruck am Ende Spaß machen und sinnvoll sein.

Auch die ständigen Reformen, die teilweise Züge bürokratischer Abartigkeiten tragen, sind offenbar unverzichtbar. Zumindest so lange, wie es keine Vision einer Schule von morgen gibt. Doch, Visionen sind da. Tolle Ansätze, tolle Ideen, kreative Lehrer, Idealisten, die ihren Beruf auch lieben, weil sie wissen, wie ungemein wichtig er ist. Schule kann auch lebendiger Hort von Geist und Freude sein, kann Spaß machen und gesunden Ehrgeiz schüren. Das alles in einem Klima von Vertrauen, wo auch der Schwache nicht stigmatisiert wird, weil das Menschenbild sich nicht mehr allein an Noten oder am intellektuellen Vermögen ausrichtet, sondern die Vielfalt der Persönlichkeit, die doch noch wesentlich mehr zu bieten hat. Aber wie sieht die derzeitige Wirklichkeit aus? Mobbing ist nicht nur ein hohles Schlagwort, sondern hat sich schon allzu häufig in tödliche Tragödien verwandelt.

Auch Schule und Elternhäuser müssten viel mehr verzahnt werden. Kinder dort nur abzugeben, ist eine lächerliche Vorstellung von echter Förderung. Aber wollen alle Eltern das? Gewiss nicht alle. Hier ist auch Aufklärungsarbeit zu leisten, die motivierend wirkt. Je mehr auch Eltern pädagogisch sinnvoll durch Lehrer geschult werden, umso eher kann dem Einzelkind schneller und wirkungsvoller als bisher geholfen werden.

Ist nun angesichts der kurz angerissenen Problematik nun ein erster Freudeschrei zulässig, dass die Lehrer nervlich und gesundheitlich offenbar nun stärker und länger bei der Stange bleiben? Vielleicht. Wir können es nur hoffen. Denn wir alle brauchen jede Menge guter Lehrer, die ihren Beruf lieben und damit die Kinder so optimal fördern, dass sie später in unserer Gesellschaft auch den gewiss nicht leichten Zukunftsaufgaben gewachsen sind. Aber die Lehrer brauchen auch unsere Unterstützung, brauchen mehr Kollegen, mehr Geld, damit das alles auch gelingen kann… und ja, auch die Anerkennung ihrer Leistungen, die bei diesem oftmals nicht leichten Beruf auch häufig zu kurz kommt.

— 03. Februar 2013
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