Gendern: Mutter Rhein grüßt Vater Donau

Wenn Sprache zum Vehikel wird, von Christa Schyboll

Ich wohne am Rhein. Damit wohne ich in einer Region, der man einen ordentlich närrischen Humor nachsagt und auch gern mal Dreie gerade sein lassen kann. An Lachen über die menschlichen Unsinnigkeiten allerorten fehlt es bei uns nicht. Doch manchmal bleibt einem sogar in unserer Region der Lacher im Hals stecken. Das betrifft beispielsweise die ausufernde Gender-Debatte, die mittlerweile ein Ausmaß erreicht hat, welches ins Kuriosenkabinett des Lebens gehört.

Ist man der schreibenden Zunft verbunden, stellen sich nun aufgrund der inflationären Gender-Debatte neue Fragen. Wieso heißt es "Vater Rhein"? – Warum wird hier jede Mütterlichkeit "diskriminiert"?. Warum ist "die Donau", nicht männlich? Wer hatte da bei der Namenszuordnung etwas gegen die Männlichkeit eines doch mächtigen Stromes, der sich als längster Fluss durch Europa zieht. Wer wagte es jemals, Dinge oder Ereignisse einem einzigen Geschlecht zuzuordnen? Frevel! Frechheit! Immer bleibt irgendein Geschlecht auf der Strecke. Und für "das Neutrum" setzt sich erst gar niemand ein. So als wäre es ein Nichts! Auch das ist diskriminierend.

Wollen oder können wir uns nicht daran gewöhnen, dass wir "Mutter Rhein in ihrem Bett gesehen haben"? "Ich habe den Wein getrunken? Nein, ich habe das Wein getrunken, bevor ich mir hierüber nun tiefere Gedanken machte! Oder was ist denn mit der Donau? DER Donau! Potztausend! Dabei heißt es doch die DIE Donau, die jetzt sogar sprachlich vollkommen korrekt als der Donau daherkommt. Tja, deutsche Sprache schwere Sprache, mault das Neutrum, das mit seinem "das Donau" in keiner Form unserer Grammatik zum Zuge kommt.

Nun könnten die sprachlichen Beliebigkeiten allein schon von der, die, das Abertausende von Seiten füllen, weil es völlig uneinsichtig für uns heutige Zeitgenossen ist, wie da in der Vergangenheit die Sprache so dermaßen willkürlich und eigenmächtig verhunzt wurde. Und nun haben wir darüber einen faustdicken Streit. Dabei spreche ich hier die ganz harmlosen Varianten an.

Ärger wird die Sache des Genderns jedoch, wenn man in die konkrete Wirklichkeit kommt. In die Tat, die Alltäglichkeit. Zum Beispiel Toiletten für SIE und IHN? Um Himmelswillen. Wo soll ES denn bitteschön hingehen dürfen. Mindestens drei Toiletten für drei Geschlechter, lautet die Forderung seit langem. Doch noch immer ist sie unerfüllt. So was aber auch! Und wehe, da verirrt sich dann eine, einer oder eines! Doch dafür gibt es jetzt ja auch schon Forderungen, die zu denken geben: EINE Toilette für alle Geschlechter! Na, da freuen sich jetzt aber schon bestimmte Leute! Während sich andere angewidert abkehren.

Fazit. Es gibt keines. Die Zukunft ist so offen, wie es die Meinungsmoden innerhalb ihrer Zeitepochen sind. Manches wird präferiert, anderes gesteuert, drittes missbraucht und nerven tut alles. Doch eines ist zu bedenken: Mit solchen Diskussionen verhindert man erfolgreich, dass sich die Menschen über die wirklich ganz wichtigen Probleme Gedanken machen! Wem nun wieder kommt das gerade einmal wieder recht? Ist es nicht bequemer, man hält die Leute mit Nebengedanken als angebliche Hauptsache bei der Stange, "mitreden" (nicht mitentscheiden) zu dürfen, als dass sie sich plötzlich um Dinge kümmern, von denen sie doch besser die Finger lassen sollten? Denn Brennpunktthemen bergen nun einmal die Brisanz brennend heiß zu sein. Bei Mutter Rhein und Vater Donau ist das aber nicht der Fall, weder mit noch ohne das Wein.

— 07. November 2022
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