Der Mensch und das Tier

...und wie die Liebe der beiden durch den Magen des anderen geht, von Christa Schyboll

Der Mensch liebt das Tier. Er liebt es so herzlich, dass er es sogar verzehrt. Schon die alten Weisen wussten, warum man das Herz eines Hirsches aß. Die Kraft und die Anmut des Tieres gingen in den Jäger über.

Heute isst der Mensch vor allem Schweine und dumme Hühner. Das mit der Zuordnung "dumm" beim Huhn, ist jedoch dem Menschen selbst unterlaufen - vermutlich aus latentem Hang, der eigenen Dummheit auch eine Chance zu geben, sich einmal wieder zu äußern.

Und weil wir uns die Kraft von Schweinen, Hühnern, Fischen - etwas seltener von Maulwürfen, Hunden oder Löwen - , gern einverleiben, haben wir Käfige um sie herum gebaut. Draht besteht aus Metall, Metall ist eine endliche Ressource, was uns zwingt, die Käfige ein wenig kleiner zu bauen. Außerdem haben die Artgenossen es dann auch einiges gemütlicher. Wir rücken doch auch gern zusammen, wenn’s angesagt ist. Zudem ist es wärmer, wenn man näher miteinander kuschelt. Und so kuscheln die Hühner besonders gern eng und werden nicht einmal durch ein störendes Federkleid daran gehindert. So direkt Haut an Haut macht es doch viel mehr Spaß miteinander und ist ja auch irgendwie ein wenig intimer.

Auch die Fische in den Silos plantschen ungeheuer lustig herum. Sie müssen sich das unbedingt einmal anschauen. Abertausende von Lachse in einem relativ kleinen Bassin - zumindest gemessen am freien, wilden Ozean. Aber wie lustig es da zugeht! Ständig springt einer vor Freude in die Luft und zeigt uns, wie wohl er sich unter den anderen fühlt.

Dass wir einige Tiere auf dem Speiseplan vorziehen und andere eher verschmähen, hat sowohl regionale, wie auch religiöse Gründe. Manchmal aber auch dentologische. Denn das Gebiss von Löwen ist ein anderes wie das von einem Feldhasen, wenn es darum geht, dass Tier erst einmal einzufangen. Oder ein Adler hat doch einen ganz anderen Flügelschlag als ein Fasan, falls Ihnen mehr nach Adlerbrust ist. Haifische oder Walen nützen solche Eigenschaften jedoch nichts. Da haben wir uns rigoros mit menschlichen Fangmethoden durchgesetzt. Es ist merkwürdig, mit welchen Kriterien wir unseren Speiseplan favorisieren. Katzen und Ratten sind in China wohl gelitten und bei uns partout verpönt! Dabei konnten wir Nachbars Katze noch nie leiden! Und Sie sollten darauf Acht geben, wenn sie den Ober in Chongqing bitten, den Hund zu füttern. Das kann schnell zu einem Missverständnis ausarten, den ihr Hund gar nicht so lustig findet.

Das Worldwatch-Institut behauptet gar, dass wir mit dem Wasserverbrauch zur Erzeugung von einem einzigen Kilo Fleisch glatt ein ganzes Jahr täglich duschen könnten. Alles Spielverderber, diese grumeligen Wächter! Da soll einem noch das Steak schmecken! Und außerdem: Wer duscht denn schon täglich im Winter!

— 01. April 2012
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