Arbeitslos im Ballermann

Kritische Fragen für einen schönen Sommerurlaub stellt Christa Schyboll

Spanien leidet. Die Jugendarbeitslosigkeit beträgt über 52 Prozent. Die Hoffnungslosigkeit lässt sich genauso wenig messen, wie die Apathie. Wie lang oder kurzfristig es ist, weiß keiner so genau. Auch nicht wie es weitergeht, ob es überhaupt weitergeht. Aber irgendwie geht es ja weiter. Nur wie?

Gleichzeitig ist Spanien immer noch Millionenziel für Urlauber aus ganz Europa. Ganz vorne weg die immer noch reichen Deutschen. Mit welchem Gefühl fährt dann der Durchschnittsmensch nun nach Spanien? Mit dem Gefühl: Wenn ich komme, stärke ich die Wirtschaftskraft? Oder mit einem Gefühl der Scham, dass wir uns selbst die gut gefüllten Bäuche bräunen lassen, während der eigenen Bevölkerung das Existenzminimum fehlt? Oder mit dem Anspruch, dass unser gebuchter Billigurlaub aber doch ein viel besseres Essen und ein größeres Zimmer mit weniger Lärm versprochen hatte? Gründliches Meckern mit vortrefflichen Argumenten zum unschlagbaren Dumpingpreis?

Gewiss ist keinem Spanier damit gedient, wenn auch noch die Urlaubsindustrie einbricht und noch weniger Köche, Kellner, Entertainer, Zimmerservice und Gärtner gebraucht werden. Aber gewiss ist den Spaniern durchaus gedient, wenn sich der Urlauber, der sich all das noch leisten kann, an so mancher Stelle ein wenig zurückhält und die Situation im Lande voll im Auge behält.

Natürlich gilt es auch für Portugal, Griechenland oder auch Italien, das wackelt. Wie auch so manch ein anderes herunter gepurzeltes Land auf der Lieblingsliste der Rating-Agenturen mit ihren teils recht obskuren Betrachtungen, die viele wertvolle Ressourcen von Ländern und Völkern einfach nicht berücksichtigen. Der Daumen geht rauf oder runter. Knallhart und ohne Gnade.

Wir alle können helfen. Trotzdem buchen, die schönen Urlaubsgebiete weiterhin genießen und damit auch zu unterstützen, ist das eine. Aber dabei auch im Blick zu behalten, dass wir das "wie“ unseres Aufenthaltes, unseres Auftretens, unserer Ansprüche, kleinlicher Meckereien angesichts von Schwächen dabei noch passend und der Situation angemessen gestalten, wäre eine andere Vertrauenswährung, mit der wir punkten können. Dann darf das schlechte Gewissen gern auch Urlaub machen und wir können Sonne, Sand und Meer genießen mitsamt aller südländischen Kultur, Mensch und Natur.

— 03. Mai 2012
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