Lebensversicherung

Geht das überhaupt? fragt Christa Schyboll

Kann man das Leben versichern? Geht das? Natürlich nicht. Ums gleich vorweg zu sagen. Versichern kann man nur eventuelle Schäden, nicht jedoch sein Leben. Zumindest habe ich noch niemanden getroffen, der per Versicherung seinen eigenen Tod aufgrund einer Police verpasst hat.

Ab einem gewissen Alter stirbt man halt. Das ist Teil des Vertrages, den wir mit unserer Geburt eingegangen sind. Auch wenn wir uns an die Vertragsunterzeichnung nicht wirklich erinnern können oder an denjenigen, der uns diese finale Klausel hinein schrieb. Deshalb gehört eine Lebensversicherungspolice den Erben – oder der Versicherung selbst. Je nachdem.

Aber der Begriff „Lebensversicherung“ ist auch jenseits von Versicherungspolicen insofern spannend, als wir uns fragen dürfen, wie sicher ist denn eigentlich unser Leben? Viele von uns tun viel dafür, dass es möglichst gesichert ist. Sie bauen Alarmanlagen ins Haus. Manche haben Schutzbunker, andere sind bis an die Zähne bewaffnet. Betritt Freund Hein jedoch die Schwelle unseres eigenen Daseins, reicht eine Bananenschale kurz vor dem Treppenabsatz aus, um ihn schnell zu bedienen. Und, zack!, Genickbruch! Ganz ohne Fremdverschulden und trotz Alarmanlage, Bunker, Glock und Lebensversicherung.

Also leben wir um zu sterben? In gewisser Weise schon. Aber nicht nur. Wir können uns ja auch dazu entschließen, die kleine Zusatzklausel zu beachten und außerdem auch leben um zu leben. Tüchtig, fröhlich, abenteuerlich oder sonst wie genüsslich oder in Ruhe. So, wie es uns individuell gefällt. Aber warum schaffen das nur so wenige Menschen? Also so zu leben, wie es ihnen gefällt? Die Außenbedingungen sind schuld? Die ungünstigen Umstände, das fehlende Geld, der falsche Partner, die mangelnde Karriere? All das verhindert uns, so zu leben wie wir doch eigentlich wollen? Verpassen wir das Leben von seiner schönsten Seite am Ende vor allem deshalb selbst, weil wir es immerzu sichern müssen. Lebensversicherungen gleich vielfältiger Art, die nur eines sind: sinnlos, weil unwirksam?

Besteht also unser Leben vor allem aus ständigen Sicherungsmaßnahmen, statt aus Freude, Abenteuer und spannender Neugier aufs Unbekannte? Weil wir ständig bemüht sind, das abzusichern, was in jedem Fall abhanden kommen wird, nämlich unser Leben? Ist das nicht allein schon ein guter Grund, sein eigenes Tun zu hinterfragen? Vielleicht sollten wir den Mut aufbringen, einmal feste zwei Augen in Sachen Lebensrisiko zuzudrücken, um das Leben wieder lebenswert zu machen, statt zu sichern, was vergehen muss!

— 20. März 2013
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