Das Hirn

Von Dingen, die nur manchmal funktionieren, berichtet Christa Schyboll

Es gibt Dinge, die kann man brauchen. Andere Dinge zwar auch, aber sie sind deshalb nicht gebrauchsfähig, weil die Anleitung keiner versteht. Manchmal klemmt bei einem Ding einfach nur der Ein- und Aus-Schalter.

Solch ein Ding ist zum Beispiel das menschliche Gehirn. Wir hoffen zwar immer, dass wir es durchaus nach Belieben ein- oder ausschalten können, aber diese Hoffnung hat sich zerschlagen. Das Hirn des Menschen funktioniert nämlich nur im Stand-by-Modus. Und der ist gelb. Und der stagniert auf der untersten Energieebene, kurz vor dem Aus. Wie die FDP.

Nun glauben wir zwar, dass wir eigentlich im Wachzustand fast immer auf grün geschaltet sind, aber das hat sich als einer der größten menschlichen Irrtümer heraus gestellt. Denn das, was wir im Allgemeinen so Denken nennen, sind nichts als neuronale Erstzuckungen, die quasi unvermeidlich sind. Wenn uns dabei dann hin und wieder eine kleine Rechenoperation gelingt oder das richtige Lesen eines Kontoauszuges, so sind dies kleine Auswürfe von synaptischem Photoplasma, das hin und wieder eine weiche Landung in der Realität hinlegt. Aber das ist kein Denken. Das ist eben nur Zucken.

Auch das mit dem Ausschalten klappt nicht wirklich. Schalten wir das Hirn aus, so müssten wir ja nun ruhig sein. Stattdessen plappern wir im Schlaf wirres Zeug daher und reden uns manchmal bei endlos langweiligen Sitzungen um Kopf und Kragen, obschon die Hälfte der Konferenzteilnehmer schon schläft. So bleiben wir Stand-by in diesem Etwas von geradezu irrwitzigen Verschlingungen. Aber man schaue sich das Hirn ja auch nur einmal rein physiologisch an. Chaos über Chaos. Nichts liegt an der richtigen Stelle. Anders die ordentlichen Nieren. Eine rechts, die andere links. Schön sortiert, so dass sich nicht einmal die Parteien über eine Ungerechtigkeit beklagen können. Oder die Leber. Sie liegt brav an der ihr zugewiesenen Stelle. Hüpft nicht rum, macht keine Zicken und blamiert uns nicht. Nur die Fettleber dehnt sich halt ein wenig über die erlaubten Grenzen noch aus. Doch sie hält den Mund!

Und was macht das Hirn? Es eignet sich doch nicht einmal als Nistplatz für Grünspechte. Aber Wasser! Davon hat sich tüchtig viel dort angesammelt. Hier drängeln sich graue und weiße Zellen, die um die Vorherrschaft der Intelligenz kämpfen. Männliche und weibliche Hirne unterscheiden sich ähnlich wie Männer und Frauen. Sprich: manche extrem, andere überhaupt nicht. Ein Einheitsbrei. Männer mit Kajal, Frauen in ewigen Jeans. Sie wissen schon! Aber allgemein kann gesagt werden, dass die Tendenz des Mannes zur latenten Idiotie nach fünfzehn Ehejahren ebenso wächst wie auch seine spirituelle Kompetenz, so er während dieser Bewährungsphase nicht zum Mörder wurde. Bei Frauen ist es umgekehrt. Ihr Hang zur Idiotie beginnt mit einer Heirat und kann erlöst werden, wenn sie sich zur Trennung durchgerungen hat - sofern sie nicht zur Mörderin wurde.

Im Grunde ist es aber gleich, ob man Träger eines männlichen oder weiblichen Hirns ist, solange man weiß, wie sich der Rest des menschlichen Körpers dann verhalten soll, um nicht noch mehr Verwirrtheit unter der eigenen Spezies zu stiften.

— 01. April 2012
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