Wirtschaftsspionage

Hoch lebe die Feindschaft unter befreundeten Völkern!, meint Christa Schyboll

Fair play ist gefordert in der Welt der Globalisierung. In reale Wirklichkeit übersetzt heißt es: Spionage unter besten Wirtschaftsfreunden!

Man macht gemeinsame Verträge, unterschreibt Communiques, fördert Kooperationsverträge. Die gegenseitigen Staatsbesuche sind flankiert von den Mächtigen oberster Konzernetagen, die ein Millionenheer im jeweiligen Land beschäftigen, die Fäden in der Wirtschaft ziehen und damit auch gesellschaftliche Prozesse steuern. Im Gepäck Freundlichkeiten, Fragen, Lächeln und Kameras.

Die letzteren dienen nicht nur der Erinnerung beim Freundesbesuch, sondern auch der genaueren Erinnerung daran, was man genau in welchen Werkshallen sah. Selbstverständlich darf man hier und da fotografieren, aber man macht es gern etwas genauer. Mit Fotos allein wären jedoch wohl keine Milliardenschädigungen durch Wirtschaftsspionage zu erreichen, kämen zu all dem nicht die gezielte Spionage von Geheimplänen, die durch Codes und per Internet mit modernsten Mitteln geknackt werden.

Enorm sind die ökonomischen Vorteile auf dem Weltmarkt, wenn man bei Produkten die Nase vorn hat. Die einen haben sie entwickelt, die anderen abgekupfert bis ins Detail. Nicht einmal die Mühe einer Verschleierung wird gemacht, sondern die rechtliche geschützte Marke wird gleich frech mit angebracht. Ankläger gibt es genug, die es verfolgen. Richter die es umsetzen, scheint es jedenfalls nicht zu geben, sonst würde dieser bereits lang anhaltende Wirtschaftskrieg nicht so prächtig florieren.

Und was passiert? Protestnoten werden geschrieben und böse Briefe. Ein paar mutige Journalisten decken Details auf und erzeugen Erregungen, die schnell wieder verpuffen. Milliarden, die die Volkswirtschaften verlieren, müssen wieder an anderer Stelle hereingeholt werden, da man es von den Betrügern nicht zurück bekommt. Denn der Schaden ist ja da und muss irgendwie bilanztechnisch ausgeglichen werden. Im Zweifelsfall wieder über die Sozialabzüge, die die „Arbeitsplätze sichern“. In vielen Fällen könnte man durchaus auch sagen, dass sie das Trostpflaster für die Betrogenen dann sind, denen Jahrzehnte teurer Forschungsarbeit quasi in den eigenen Hallen und im eigenen Beisein gestohlen werden. Nicht selten, dass das eigene Produkt dann vom Betrüger zu Dumpingpreisen auf den Markt geworfen wird und damit dann den letzten Todesstoß bringt.

Wäre uns das Ausmaß dieser kriminellen Energien im Einzelnen genau bekannt, gäbe es wohl wesentlich mehr Demonstrationen, bei Staatsbesuchen bestimmter Länder. Gerade mit jenen, wo man sich besonders eng befreundet wähnt.

Und die Politik zetert, schimpft und lächelt brav weiter und freundlich in die internationalen Kameras. Der Krieg geht weiter, gestützt durch mehr und mehr Freundschaftsabkommen, deren Verlogenheit wir offenbar ebenfalls schutzlos ausgeliefert sind.

— 10. Oktober 2010
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