Sind Sie mal wieder gescheitert?

Oder haben Sie es diesmal geschafft? – Eine Frage zum Jahresende von Christa Schyboll

Seien Sie ehrlich - Haben die Vorsätze vom letzten Jahresende geklappt? So ein bisschen wenigstens? Eine kleine Zeitlang? Oder sind sie nach dem 1. Januar in fast dementer Grundhaltung der allgegenwärtigen Vergessenheit zum Opfer gefallen – so wie fast jedes Jahr?

Ob mit glasklarem nüchternen Verstand oder dem einen oder andern Glas Rotwein gefasst: Es ist erstaunlich, wie trotz Einsicht in die Notwendigkeit die guten Vorsätze sich verflüchtigen – wie CO-2. Scheinbar in die Luft geblasen – und weg.

Denkste! Es hängt als Glocke um unser persönliches Körperuniversum und vergiftet unter Umständen und je nach Konzentration ganz schön die persönliche Atmosphäre. Dabei ist es völlig egal, welches persönliche Thema dabei ansteht: Ob man immer noch qualmt wie ein Schlot und der Dauerhusten bereits zur peinlich normalen Gewohnheit wurde, ob man zuviel isst, obschon die nächste Kleidergröße schon im Januar des Vorjahres bereits zwackte oder ob man noch immer der Workaholic ist, der man niemals sein wollte aber jetzt in der Wirtschaftskrise erst recht nicht von diesem krankmachenden Tun lassen kann. Im Zweifelsfall ist der Chef daran schuld – und wir selbst müssen dann auch nicht mehr handeln.

Argumente fürs Nichthandeln lassen sich immer finden und die Spitzfindigkeit unserer Phantasie schlägt da erstaunliche Saltos. Eines ist allen gemeinsam: Man weiß um die Schädlichkeit, man gelobt Besserung – man schafft sie nicht oder nur selten oder unzureichend. Von den Ausnahmen, die schaffen, was sie sich vornehmen, sprechen wir hier im Moment einmal nicht. Sie sind uns natürlich Vorbild und legen Zeugnis ab, dass es möglich ist.

Sprechen wir also von denen, die scheitern gebucht haben. Trotz teuer bezahltem Ticket zum jeweiligen Club. Das kann das Seminarwochenende zur Autohypnose für Nichtraucher sein oder das zen-orientierte Glaubenssatzwochenende zur Klarmachung, dass Hunger eine reine Einbildung ist – oder die gecoachte Einzelsitzung über den Unsinn der hyperaktiven Arbeitshaltung. All diese Hilfsmittel erweisen sich so unendlich häufig als resistent gegen die Macht des inneren Schweinehundes, dass es zum heulen ist.

Was also tun? Keine Vorsätze mehr fassen? Trotz der Einsicht in die Notwendigkeit, trotz des Handlungsbedarfes? Immer wieder den Blick in den Spiegel vermeiden, Überstundenanträge stellen trotz Betriebsratsverwarnung oder sich in jene peinliche Zone der Süchtigen am Werkstor begeben, damit alle sehen, dass man zu den Schwachen gehört, die ihre Qualmsucht nicht im Griff haben?

Keiner kann mit einem Patentrezept für alle antworten. Was bei dem einen hilft, versagt beim anderen. Das ist das Problem. Es ist so individuell wie seine individuelle Geschichte, die dahintersteckt. Nur einen Gewinner gibt es immer dabei: Die Industrie nebst diversen Leistungsanbietern, die wohlfeil von den Versprechen sehr gut leben, dass sie in jedem Fall für Sie das richtige Mittelchen haben - ein bisschen teuer zwar, aber wirksam. Garantiert!

Und wieder schlägt die Hoffnung zu! Und wieder freut sich jemand darüber, dass Sie schwach waren und hofft drauf, dass sie es auch im nächsten Jahr vielleicht noch sind - denn dann ist ein neues Produkt auf dem Markt.

Ich jedoch wünsche Ihnen von Herzen Glück. Seien Sie stark im Sichselbstertragen! Gern so, wie sie sind! Ist eine Veränderung wirklich wichtig, vertrauen Sie darauf: dann stellt sie sich ein!

— 16. Dezember 2009
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