Weihnachten - Frieden auf Erden?

Ein ewiger Traum für Denkfaule ... oder was, hinterfragt Christa Schyboll

Weihnachten. Die christliche Friedensbotschaft. Das Sehnen von Millionen Menschen, auch jenseits der Christenheit. Warum bekommen wir das mit dem Frieden eigentlich nicht hin?

Halt. Stimmt so nicht. Immerhin haben wir hier in Deutschland und den meisten Ländern Europas bereits seit über 7 Jahrzehnten am Stück Frieden. Geht doch! Jetzt ist er zwar brüchig, steht vor der eigenen Tür und die Besorgnis vieler ist leider nicht unbegründet, dass doch noch ein Flächenbrand draus werden könnte. Trotz dieser bereits guten 7-Jahrzehnte-Bilanz müssen wir uns dennoch vor Augen halten, das Krieg und Frieden sich beide immer wieder neu ein Stelldichein geben und eines immer nur der Pausenfüller des anderen ist.

Die Gründe dafür sind nicht besonders kompliziert: Es gibt immer genug Kriegsgewinnler, die es schaffen, Machtgierige zum Krieg zu animieren, zu verführen. Die Rüstungsindustrie und alles was sonst noch finanziell daran hängt, lebt letztlich nur vom Krieg. Und der Krieg wiederum lebt davon, dass es immer genügend Machthaber auf allen Erdteilen der Welt gibt, die ihn wagen, wollen, brauchen - und dann auch entfachen. Es gibt also handfeste äußere (materielle, finanzielle, wirtschaftliche) Gründe, warum es immer weiter Krieg geben wird - und es gibt ebenso genug psychisch-mentale Gründe, was denn die Kriegslust des einen immer in ein tödliches Spiel für alle verwandelt (Habgier, Machtgier, Ego-Wahn etc.).

Wenn Menschen für den Frieden auf Erden beten, ist das meist eine tiefe Herzensangelegenheit. Sie zu äußern, ja, auch mit Kraft und Liebe zu befeuern, dient der Sache gewiss. Doch verhindert es denn den Krieg? Kann die Kraft von Friedenswilligen einmal so groß werden, dass der Menschheitstraum vom dauerhaften (!) "Frieden auf Erden" tatsächlich einmal Wirklichkeit wird? Dann hätten wir das Paradies erreicht (oder stünden zumindest kurz vor dessen Tür).

Ich befürchte: Es bleibt auf endlos lange Zeiten noch ein Wechselspiel zwischen beidem. Je nach Weltlage und Zeitgeist können dabei die Friedens- oder Kriegszeiten länger oder kürzer sein (siehe wie lange z. B. schon Afghanistan leidet). Doch schlimmer als meine Befürchtung ist: Ich habe dafür auch starke Gründe. Denn die Natur wie auch die ganzen Existenzbedingungen des Menschen sind in Allem polar ausgerichtet. Leben-Tod, krank-gesund, reich-arm, Krieg-Frieden, usw.

Dazu erleben wir auch, dass das Bewusstsein der Menschheit sich auf extrem unterschiedlichem Niveau in aller Herren Länder befindet. Eine ganz schwierige Realität, wenn es darum geht, Einigkeit erreichen zu wollen. Überall gibt es die Guten und die Bösen, die Friedvollen, Sanften, die Mörder und Berserker. Vor allem aber auch die Wissenden und Unwissenden, Verantwortungslose und ethisch gereifte Menschen. Sie friedlich und dauerhaft unter einen Hut zu bringen ist eine bisher noch ungelöste Aufgabe.

Frieden zu wollen, ja, ihn auch auszuhalten, braucht individuelle und kollektive Kräfte, die den meisten Menschen nicht einmal bewusst sind. In der Regel denkt man beim Begriff Frieden vor allem an Wohlergehen, Gewaltverzicht, Existenzsicherung, vielleicht sogar noch an Prosperität, die sich weiter vorteilhaft entwickelt (vor allem, wenn man den Nachhaltigkeitsgedanken dabei mal ganz außer Acht lässt!). Aber zu wenige denken beim Begriff Frieden daran, dass ihn zu schützen und zu hüten viel Verantwortungsbewusstsein verlangt, auch Verzicht auf so manches (u.a. Machtausweitung, Verzicht auf Ausnutzung anderer Völker und ihrer Schätze oder Talente, Begehrlichkeit auf Landvermehrung oder auch unbedingt die Beherrschung des eigenen inneren Friedens, der Voraussetzung für den äußeren ist).

Überhaupt wird in Sachen Frieden zu wenig oder zu leichtfertig gedacht!? Meist wird gewünscht, gewollt, ersehnt. So, wie Kinder es zu Weihnachten tun. Man wünscht sich friedlich gestimmte Politiker, damit man selbst in Frieden leben kann. Aber so läuft die Sache nicht. Das zeigt uns die Wirklichkeit, die die Brüchigkeit des Friedens wieder und wieder belegt. Frieden ist einerseits eine kollektive Aufgabe, die jedoch andererseits von der Aufgabenbewältigung durch jedes Invidiuum abhängig ist.

Haben wir in Sachen eines nachhaltigen Friedens auf Erden vielleicht noch gar nicht unsere Hausaufgaben gemacht? Lassen wir uns denkfaul treiben in der Hoffnung: Das wird schon!? Und reiben uns dann die Augen und merken: O, es ist Krieg!... Bitte komm uns nicht näher. Wir sind doch so friedliche Menschen...

Vielleicht ist es ja so, dass wir uns alle erst für einen nachhaltigen Frieden in der Welt auf eine Weise qualifizieren müssen, die wir offenbar noch nicht ganz begriffen haben? Wenn das der Fall wäre (und ich vermute es ganz stark), sollten wir also vor allem um ein tieferes Bewusstsein für die Zusammenhänge bitten, damit der Frieden durch uns selbst überhaupt eine Chance hat.

— 24. Dezember 2022
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