20.

Zu übertrieben bescheidene und furchtsame gute Menschen soll man zu ermuntern, sie mit größrer Zuversicht zu sich selber zu erfüllen suchen. So verachtungswert Unbescheidenheit und Dünkel sind, so unmännlich ist zu weit getriebene Schüchternheit. Der Edle soll seinen Wert fühlen, und ebensowenig ungerecht gegen sich, als gegen andre sein. Übertriebenes Lob und zu weit ausgedehnter Vorzug aber beleidigen den Bescheidenen. Er müsse weniger aus Deinen Worten, als aus Deinen ungekünstelten, wahre Zuneigung verratenden Handlungen Deine Hochachtung zu ihm erkennen.

21.

Unvorsichtigen und plauderhaften Leuten darf man natürlicherweise keine Geheimnisse anvertraun. Besser wäre es, man hätte überhaupt keine Geheimnisse in der Welt, könnte immer frei und offen handeln, und alles, was im Herzen vorgeht, vor jedermann sehn lassen; besser wäre es, man dächte und redete nichts, als was man laut denken und reden darf; da dies indessen besonders bei Männern, die in öffentlichen Ämtern stehen oder sonst fremde Geheimnisse zu verwahren haben, nicht möglich ist, so muß man freilich vorsichtig in Mitteilung seiner Heimlichkeiten sein.

Man findet Menschen, denen es schlechterdings unmöglich ist, eine Sache zu verschweigen. Man sieht es ihnen an, wenn sie ängstlich umherlaufen, daß sie etwas Neues tragen, und daß sie leiden, bis sie einem andern Plauderer ihre Nachricht heiß mitgeteilt haben. Andern fehlt es zwar nicht an dem guten Willen zu schweigen, wohl aber an der Klugheit, sich nicht durch Winke, Blicke oder auf andre Art zu verraten, oder an der Festigkeit, sich nicht ausfragen zu lassen, oder sie haben eine zu gute Meinung von der Ehrlichkeit und Verschwiegenheit derer, welchen sie sich anvertrauen – gegen alle diese muß man verschlossen sein.

Es kann auch zuweilen nicht schaden, wenn man plauderhafte Leute bei der ersten Gelegenheit, da sie etwas über uns geschwätzt haben, dergestalt in Furcht setzt, daß sie es nicht wagen dürfen, hinter unserm Rücken auch nur einmal unsern Namen zu nennen, es sei im Guten oder Bösen. Die eigentlichen bekannten Zeitungsträger aber, deren es fast in jeder Stadt einige gibt, kann man nützen, wenn man ein Märchen im Publico ausgebreitet wissen will. Nur muß man dann nicht verfehlen, sie um Verheimlichung der Sache zu bitten, sonst halten sie es vielleicht der Mühe nicht wert, dieselbe auszuplaudern.

Vorwitzige und neugierige Menschen kann man nach den Umständen entweder auf ernsthafte oder spaßhafte Manier behandeln. Im erstern Falle muß man, sobald man merkt, daß sie sich im mindesten um unsre Angelegenheiten bekümmern, uns belauschen, behorchen, sich in unsre Geschäfte mischen, unsern Schritten nachspüren oder unsre Pläne und Handlungen ausspähn wollen, sich gegen die mündlich, schriftlich oder tätig so kräftig erklären, sie auf eine solche Weise zurückschicken, daß ihnen die Lust vergeht, auch nur von weitem sich an uns zu wagen. Will man aber seine Lust mit ihnen haben, so kann man ihrer Neugier ohne Unterlaß so viel zu schaffen machen, daß sie über die Kindereien, worauf man ihre Achtsamkeit lenkt, keine Muße behalten, sich um diejenigen Dinge zu bekümmern, woran uns gelegen ist, daß sie dieselben nicht beobachten.

Zerstreute und vergeßliche Leute taugen nicht zu Geschäften, wo es auf Pünktlichkeit ankommt. Jungen Personen kann man diese Fehler zuweilen noch abgewöhnen und es dahin bringen, daß sie ihre Gedanken beieinanderhalten. Manche, die aus zu großer Lebhaftigkeit des Temperaments leicht alles vergessen und nie da zu Hause sind, wo sie sein sollten, kommen von dieser Schwachheit zurück, wenn sie älter, kühler und sittsamer werden. Andre affektieren zerstreut zu sein, weil sie glauben, das sähe vornehm oder gelehrt aus, und über solche Toren soll man nur die Achseln zucken und sich wohl hüten, ihre Distraktionen artig zu finden. Es gilt von ihnen, was ich über sie sage, welche sich körperlich krank stellen, um Interesse zu erwecken. Wessen Gedächtnis aber wirklich schwach und nicht etwa durch Übung nach und nach zu stärken ist, dem rate man, sich alles schriftlich aufzuzeichnen, was er behalten will, und diesen Zettel täglich oder wöchentlich einmal durchzulesen; denn es ist wahrlich nichts verdrießlicher, als wenn uns jemand verspricht, eine Sache zu besorgen, an welcher uns gelegen ist, wir uns auch auf sein Wort verlassen, er aber nachher rein vergißt, wovon die Rede gewesen.

Sehr zerstreuten Leuten muß man es übrigens so hoch nicht anrechnen, wenn sie gegen uns zuweilen in Aufmerksamkeit, Höflichkeit, oder was man sonst im geselligen und freundschaftlichen Umgange fordert, unvorsätzlich fehlen.

22.

Es gibt eine Art Menschen, die man wunderliche (difficiles) Leute nennt. Sie sind nicht bösartig, sind nicht immer zänkisch und mürrisch; aber man kann ihnen doch nicht leicht etwas ganz recht machen. Sie haben sich zum Beispiel an eine pedantische Ordnung gewöhnt, deren Regeln nicht jeder so wie sie im Kopfe hat, und da kann es denn leicht kommen, daß man einen Stuhl in ihrem Zimmer anders hinstellt, als sie es gern sehen (wenn dies übrigens aus wahrem Ordnungsgeiste herrührt, so habe ich daran nichts auszusetzen); oder sie hängen gewissen Vorurteilen an, denen man sich unterwerfen muß, wenn man in ihren Augen Wert haben will, zum Beispiel in Kleidertrachten, in der Art laut oder leise zu reden, groß oder klein zu schreiben und dergleichen. Man sollte wohl sagen, daß ein vernünftiger Mann über solche Kleinigkeiten hinausgehn müßte; unterdessen trifft man doch Männer an, die über andre Gegenstände sehr verständig und billig denken, nur in solchen Punkten nicht; und was wichtiger als das ist, an dieser Männer Gunst kann uns vielleicht sehr viel gelegen sein. Wenn dies letztre nun der Fall ist, so rate ich, in Dingen von geringem Belange und die mit einiger Aufmerksamkeit so leicht zu befolgen sind, sich ihnen gefällig zu bezeigen. Andre aber, mit denen wir weiter in keinem Verhältnisse stehen, lasse man, insofern sie übrigens brave Männer sind, bei ihrer Weise und vergesse nicht, daß wir alle unsre Schwachheiten haben, die man brüderlich ertragen muß.

Leute, die etwas darin suchen, sich durch ihr Betragen in unwesentlichen Dingen von andern zu unterscheiden, nicht eigentlich aus Überzeugung, daß es so besser sei als anders, sondern hauptsächlich darum, weil sie das zu tun vorziehen, was andre nicht tun; solche Leute nennt man Sonderlinge. Sie sehen es gern, wenn man ihre Weise bemerkt, und ein verständiger Mann muß in seinem Betragen gegen sie wohl überlegen, ob ihre Bizarrerien von unschädlicher Art und ob sie Männer sind, die in irgendeiner Rücksicht Schonung verdienen, um darnach im Umgange mit ihnen zu verfahren, wie es Vernunft und Duldung fordern.

Was endlich Leute betrifft, die von Launen regiert werden, so daß man ihnen heute der willkommenste Gast, morgen der überlästigste Gesellschafter ist, so rate ich – vorausgesetzt, daß diese Launen nicht ihren Grund in geheimen Leiden haben (denn wenn das ist, so habe Mitleiden!) – gar nicht zu tun, als bemerkte man solche Ebben und Fluten, sondern auf immer gleich vorsichtigem Fuß mit ihnen umzugehn.

23.

Dumme Leute, die ihre Schwäche fühlen, sich von vernünftigen Menschen leiten lassen, und zwar einem natürlich gutmütigen, wohlwollenden, sanften Temperamente gemäß, sich leicht zum Guten und schwer zum Bösen leiten lassen, die sind nicht zu verachten. Es können nicht alle Menschen hohen, erhabenen Geistesschwung haben, und die Welt würde auch sehr übel dabei fahren, wenn es also wäre, es müssen mehr subalterne als Herrschergenies unter den Erdensöhnen sein, wenn nicht alle in ewiger Fehde miteinander leben sollen. Daß ein gewisser höherer Grad von Tugend, zu welcher Kraft, Mut, Festigkeit oder feine Beurteilungskraft gehört, nicht mit Schwäche des Geistes bestehn kann, das ist wohl freilich gewiß; allein das gehört ja nicht hierher. Wenn im ganzen nur das Gute geschieht, und die dümmern Menschen zu diesem Guten sich die Hände führen lassen, so füllen sie ihren Platz nützlicher aus als die überschwenglichen Genies, die Feuerköpfe, mit ihrem sich durchkreuzenden, unaufhörlichen Wirken und Streben.

Unerträglich hingegen ist die Lage, wenn man es mit einem Stockfische zu tun hat, der sich für einen Halbgott hält, mit einem eiteln, eigensinnigen, mißtrauischen Pinsel, mit einem verzogenen, verzärtelten, vornehmen Schöps, der Länder und Völker zu regieren hat und alles selbst regieren will. Doch werde ich bei verschiedenen einzelnen Gelegenheiten in diesem Buche sagen, wie man mit dieser Art Menschen umgehn müsse.

Allein man tut oft den Leuten großes Unrecht, wenn man solche für schwach, dumm, gefühllos oder unwissend hält, die es wahrlich gar nicht sind. Nicht jeder hat die Gabe, seine Gedanken und Empfindungen an den Tag zu legen, am wenigsten auf unsre Manier. Nach seinen Taten muß man ihn richten, aber auch das nur mit Rücksicht auf seine Lage und auf die Gelegenheit, die er gehabt oder die ihm gefehlt hat, sich auszuzeichnen. Man überlegt selten, daß der Mensch schon sehr viel Wert hat, der in der Welt nur nichts Böses tut, und daß die Summe dieses negativen Guten zur Wohlfahrt des ganzen oft mehr beiträgt als der lange Lebenslauf eines tätigen Mannes, dessen heftige Leidenschaften in unaufhörlichem Kampfe mit seinen großen, edeln Zwecken stehen.

Und dann sind Gelehrsamkeit, Kultur und gesunde Vernunft wieder sehr verschiedene Dinge. Es herrscht unter Menschen von einer gewissen Erziehung und Bildung so viel Konvention, und wir verwechseln nur gar zu leicht die Grundsätze, welche auf diesen Übereinkünften beruhen, mit den unwandelbaren Vorschriften der reinen Weisheit. Wir sind nun einmal gewöhnt, nach jenem Maßstabe zu denken oder vielmehr Worte nachzulallen, deren zweideutigen Sinn wir Mühe haben würden, einem ganz rohen Wilden zu erklären; und so halten wir denn denjenigen für einen Schafskopf, der von allem diesen auswendig gelernten Zeuge nichts weiß und nur so redet – wie ihm der Schnabel gewachsen ist. Wie oft haben mich über Kunstwerke die Aussprüche gemeiner Leute ohne Kultur, Aussprüche, die dem sogenannten Kenner sehr abgeschmackt vorkommen würden, aus dem Zauber einer falschen, erzwungenen Illusion gerissen und den Sinn für wahre, echte Natur in mir wieder erweckt. Wie oft habe ich im Schauspielhause erst das nüchterne Urteil der Galerie erwartet, habe erwartet, was für Eindruck eine Szene auf das unbestochene Volk, das wir Pöbel nennen, machen, habe erwartet, ob ein rührender Auftritt allgemeine Stille oder lautes Gelächter verbreiten würde, um mich zu bestimmen in meinem Glauben, wie treu der Schriftsteller und Schauspieler die Natur kopieren, oder ob er sie verfehlt hätte. Auf mich wirkt Illusion, weil ich in einer Welt voll Täuschungen von Jugend auf gewandelt habe; jene aber leben und weben in Wahrheit. Groß ist der Künstler, der durch das Spiel seiner Phantasie, durch seine die Natur nachahmende Darstellung auch unkultivierte Menschen vergessen machen kann, daß sie getäuscht werden. Groß ist ferner der Mann, der den Sinn für ungeschminkte Wahrheit nicht in dem Meere von Nebenideen, Vorurteilen und Konventionen ersäuft hat. Aber wie selten trifft man Kunst und Wahrheitssinn, Kultur und Einfalt, Arm in Arm an! – Lasset uns also den nicht verachten, der den bessern Teil auf Unkosten des schlechtem gerettet hat, und lasset uns ihn ja nicht aufklären, sondern lieber bei solchen dummen Leuten in die Schule gehn.

Auf gutmütige aber schwache Leute soll man zum besten zu wirken, soll, wenn man kann, edle Freunde um sich her zu versammeln suchen, von denen sie nicht mißbraucht, sondern zu Taten gelenkt werden, die eines wohlwollenden Herzens würdig sind. Es gibt Personen, die nichts abschlagen können, wenigstens nicht mündlich; und da geschieht es dann, daß, um niemand zu kränken, oder damit man nicht glaube, daß es ihnen an gutem Willen fehle, sie mehr versprechen, als sie erfüllen können, mehr hingeben, mehr Arbeit für andre übernehmen, als sie gerechterweise tun sollten. Andre sind so leichtgläubig, daß sie jedem trauen, sich jedem preisgeben und aufopfern, jeden für einen treuen Freund halten, der die Außenseite des ehrlichen, menschenliebenden Mannes trägt. Noch andre sind nicht imstande, für sich etwas zu erbitten, sollten sie auch darüber nichts in der Welt von demjenigen erlangen, worauf sie die billigsten Ansprüche machen dürften. Ich brauche wohl nicht zu sagen, wie sehr alle diese Schwachen gemißhandelt werden; wie man auf die Gutherzigkeit und Dienstfertigkeit der ersten losstürmt, und wie den andern die Unverschämtheit alles vor dem Munde wegnimmt, weil sie nicht den Mut haben, zuzugreifen. Mißbrauche keines Menschen Schwäche! Erschleiche von keinem Vorteile, Geschenke, Verwendung von Kräften, die Du nicht nach den Regeln der strengsten Gerechtigkeit, ohne ihm Verlegenheit und Last aufzuladen, von ihm fordern darfst. Suche auch zu verhindern, daß andre dergleichen tun. Mache dem Blöden Mut! Verwende Dich, rede für ihn, wenn seine Schüchternheit ihn abhält, sein eigener Fürsprecher zu sein.

Manche Leute haben die Schwachheit, mit ganzer Seele gewissen Liebhabereien nachzuhängen. Sei es nun irgendeine noble Passion, Jagd, Pferde, Hunde, Katzen, Tanz, Musik, Malerei oder die Wut: Kupferstiche, Naturalien, Schmetterlinge, Petschafte, Pfeifenköpfe und dergleichen zu sammeln, oder Baugeist, Gartenanlage, Kindererziehung, Mäzenatenschaft, physikalische Versuche – oder was für ein Steckenpferd sie auch reiten, so dreht sich doch der ganze Zirkel ihrer Gedanken immer um diesen Punkt herum; sie reden von keiner Sache so gern als von diesem ihrem Lieblingsgegenstande; jedes Gespräch wissen sie dahin zu lenken. Sie vergessen dann, daß der Mann, welchen sie vor sich haben, vielleicht von keinem Dinge in der Welt weniger versteht als von diesem, verlangen aber auch dagegen nicht grade, daß derselbe mit großer Kenntnis davon rede, wenn er nur die Geduld hat, ihnen zuzuhören, oder wenn er ihre Sächelchen nur mit Aufmerksamkeit betrachtet, nur bewundert, was sie ihm als die größte Seltenheit empfehlen, und Interesse daran zu nehmen scheint. Nun, wer wird denn wohl so hartherzig sein, diese kleine Freude einem Manne, der übrigens redlich und verständig ist, nicht zu gewähren? Vorzüglich empfehle ich Aufmerksamkeit auf die – doch wie sich's versteht, unschuldigen – Liebhabereien der Großen, an deren Gunst uns gelegen ist; denn, wie Tristram Shandy anmerkt, so wird ein Hieb, welchen man dem Steckenpferde gibt, schmerzlicher empfunden als ein Schlag, den der Reiter selbst empfängt.

24.

Mit muntern, aufgeweckten Leuten, die von echtem Humor beseelt werden, ist leicht und angenehm umzugehn. Ich sage, sie müssen von echtem Humor beseelt werden; die Fröhlichkeit muß aus dem Herzen kommen, muß nicht erzwungen, muß nicht eitle Spaßmacherei, nicht Haschen nach Witz sein. Wer noch aus ganzem Herzen lachen, sich den Aufwallungen einer lebhaften Freude überlassen kann, der ist kein ganz böser Mensch. Tücke und Bosheit machen zerstreut, ernsthaft, nachdenkend, verschlossen, mais un homme, qui rit, ne sera jamais dangereux. Daraus folgt indessen nicht, daß jeder, der nicht von fröhlicher Gemütsart ist, deswegen etwas Böses im Schilde führen sollte. Die Stimmung des Gemüts hängt vom Temperamente sowie von Gesundheit und von innern und äußern Verhältnissen ab. Echte muntre Laune aber pflegt ansteckend zu sein, und diese Epidemie hat etwas so Wohltätiges; es ist ein so wahres Seelenglück, einmal alle Sorgen und Plagen dieser Welt weglachen zu dürfen, daß ich irgend anrate, sich zur Munterkeit anzufeuern, und wenigstens ein paar Stunden in der Woche auf diese Weise der gesitteten Fröhlichkeit zu widmen.

Allein es ist schwer, in lustiger Stimmung, und wenn man dem Witze den Zügel schießen läßt, nicht in einen satirischen Ton zu fallen. Was gibt uns reichern Stoff zum Lachen als das unzählige Heer von Torheiten der Menschen? Und diese Torheiten treten am lebhaftesten vor unsre Augen, wenn wir uns die Originale dazudenken, in welchen sie wohnen. Lachen wir nun über die Narrheit, so ist es fast unvermeidlich, auch über den Narren mitzulachen, und da kann dann dies Lachen sehr ernsthafte, verdrießliche Folgen haben. Wenn ferner unsre Spöttereien Beifall finden, so werden wir verleitet, unsern Witz immer feiner zuzuspitzen, und andre, denen es außerdem vielleicht an Stoff zu muntrer Unterhaltung fehlen würde, schärfen durch unser Beispiel verführt ihre Aufmerksamkeit auf die Mängel ihrer Nebenmenschen, und was daraus entstehn könne, das ist teils bekannt genug, teils habe ich darüber schon etwas im ersten Kapitel gesagt. Ich halte es daher für Pflicht, im Umgange mit sehr satirischen Leuten auf seiner Hut zu sein. Nicht, daß man sich persönlich vor ihrer spitzen Zunge oder Feder fürchten müßte, denn das zeigt wirklich den höchsten Grad von innerm Bewußtsein eigner Erbärmlichkeit an; sondern daß man nicht durch sie verführt werde, mit zu lästern, daß man sich und andern dadurch nicht schade, und daß der Geist der Duldung nicht von uns weiche. Man zeige daher satirischen Leuten keinen zu lauten Beifall, bestärke sie nicht in der Gewohnheit, ihren Witz auf andrer Menschen Unkosten spielen zu lassen, und lache nicht mit, wenn sie lästern und schmähen!

 Top