Georg Stefan Troller

5 Zitate, Sprüche & Aphorismen Autor

Die Franzosen sind kein dualistisches Volk, keine gespaltenen Menschen, in denen Geist und Fleisch miteinander im Kriege liegen, in denen der Geist die leibliche Liebe ankränkelt und diese wiederum das geistige Band in den Schmutz zieht. Sie sehen das eine nicht ohne das andere, und die Nacht, die man miteinander verbringt, ist bei ihnen vielleicht häufiger als anderswo der Beginn einer langen Beziehung als deren Kulminierung und Höhepunkt. Sie ist die Probe, ob man an dem Punkt zusammenpaßt, den sie als den wichtigsten erkannt zu haben glauben.

Die Frau wünscht den Mann überlegen, aber ihr Mittel, um seine Überlegenheit anzustacheln, ist der Versuch, ihn zu unterjochen. Läßt er sich unterjochen, so ist es um ihn geschehen; sie kann ihn nur mehr verachten. Aber gleichzeitig findet auch das Umgekehrte statt: Der Drang des Mannes, die Frau zu seinem Eigentum zu machen. Läßt sie das geschehen, so verliert er das Interesse an ihr und wendet sich, zumindest in seinem Verlangen, anderen Eroberungen zu.

Ihn fragte ich einmal: "Gibt es eigentlich ein Wort, eine Geste, ein Gambit sozusagen, das Ihnen schon in den Anfangszügen Ihre Chancen für das kommende Spiel verrät?" "Allerdings," informierte er mich mit leichter Herablassung, wie ein Einstein, den man um das kleine Einmaleins angeht. "Es ist die Frage an die betreffende Dame: Wie alt sind Sie? Fordert die Dame mich auf, ihr Alter zu erraten, so deutet das auf die Lust hin, sich auf das Spiel einzulassen. Macht sie sich jünger, so hat der Tanz schon begonnen. Antwortet sie aufrichtig, so ist die Hingabe in der Phantasie bereits vollzogen. Weist sie aber die Frage als ungehörig zurück, so kann man ebenso gut einpacken."

In Paris gibt es wenig Moralprediger und wenig verbotene Genüsse. Ist man deswegen dort verruchter als anderswo? Nein, nur ehrlicher. Die Franzosen haben ihre Sehnsüchte wie andere Menschen auch. Aber wenn eine Straßenbahn Begierde heißt, so nennt man sie so, und nicht Sehnsucht.

Nicht das Erfassen ist das Anliegen der Pariser, sondern das Erfahren. Nicht das Durchdringen, sondern das Auskosten.

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