Johann Wolfgang von Goethe über Das Schöne

  • Das einfach Schöne soll der Kenner schätzen.
    Verziertes aber spricht der Menge zu.

Johann Wolfgang von Goethe

deutscher Dichter

* 28.08.1749 Frankfurt am Main
† 22.03.1832 Weimar

Gedanken von Christa Schyboll zum Zitat

Man sagt oft: Schönheit liegt im Auge des Betrachters und wehrt dabei jedes Bemühen ab, Schönheit auch zu qualifizieren. Der Dichter und Denker, Hinschauer und Betrachter von besonderen Gnaden, Johann Wolfgang von Goethe, wiederum sah die Dinge auch in ihrem Wesenhaften und ließ sich nicht von äußeren Erscheinungen fürs bloße Auge blenden. Er gehörte auch selbst zu den Kennern, von denen er in "Die natürliche Tochter" spricht.

Um nun aber auch zu verstehen, was es in der Qualitätsunterscheidung damit auf sich hat, sollte man sich mit der Goetheanistischen Naturwissenschaft ein klein wenig auskennen. Dort gibt es die Urphänomene, die mit diesem Erschauen des Wesentlichen in Zusammenhang stehen. Es sind elementare, wahrnehmbare Erscheinungen, die so einfach und auch überschaubar sind, dass sie unmittelbar verstanden werden können. Dem gegenüber stehen oft aber die komplizierten Erscheinungen in der Natur. Bei ihnen kann man nicht sogleich verstehen, was sie bedeuten und warum sie genau so und nicht anders sind. Doch die Dinge wollen ja nicht nur angeschaut werden, sondern auch durchschaut werden.

All diese und noch weitere naturwissenschaftliche Erfahrungen und Betrachtungen hat er beispielsweise auch seiner Farbenlehre zugrunde gelegt. Dabei ging er besonnen Schritt für Schritt vor, bis sich ihm auch die Gesetze der Farbenwelt erschlossen. Da war dann nichts mehr bloßer Zufall, sondern erschien in einer wunderbaren Ordnung, die aber auch verstanden werden wollte. Die Sinnesqualitäten selbst rücken bei ihm in den Mittelpunkt der Betrachtung, die bei der naturwissenschaftlichen Methode als rein subjektive Erscheinung ausgeklammert wurden.

Neben ganz persönlichen Geschmacksfragen und Neigungen zu diesem oder jenem, die der Durchschnittsmensch in der Beurteilung einer Sache für sich vornimmt, gibt es eben auch den Kenner wie Goethe, der eine Sache anders betrachtet und dafür auch sehr gute Gründe anzubieten hat, die über das Subjektive hinausgehen. Hier treten dann andere Gesetze bei der Beurteilung zu Tage und manches Schlichte zeigt sich in seiner wahren Größe oder Grandiosität, während das Verzierte, Geschmückte oft nur unser äußeres Auge betört und beim unwesentlichen des äußeren Scheines alleine stehen bleibt.

Da es gewiss aber den meisten Menschen so ergeht, weil sie diese Art des urphänomenalen Erschauens und Durchdringens nie erlernt haben, ist es eben auch die Menge der Menschen, die auf die Verzierung – analog des Zitats - zunächst begeisterter anspricht als auf manch eine scheinbare Schlichtheit im Äußeren. Wird ein Blick jedoch ein wissender, wird sich ihm das offenbaren, was Wahrheit und Wirklichkeit ist, jenseits des äußeren Scheins.

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