Johann Wolfgang von Goethe über Glücklichwerden

  • Willst du immer weiter schweifen?
    Sieh, das Gute liegt so nah.
    Lerne nur das Glück ergreifen:
    Denn das Glück ist immer da.

Johann Wolfgang von Goethe

deutscher Dichter

* 28.08.1749 Frankfurt am Main
† 22.03.1832 Weimar

Gedanken von Christa Schyboll zum Zitat

Goethe spricht viele seiner Weisheiten in literarisch schöner Sprache aus. So auch seine berühmte "Erinnerung": "Willst du immer weiter schweifen? Sieh, das Gute liegt so nah. Lerne nur das Glück ergreifen: Denn das Glück ist immer da."

Das Glück, so empfinden viele Menschen, ist vor allem da, wo man selbst gerade im Moment nicht ist. Auf einer Urlaubsinsel vielleicht. Oder vielleicht liegt es auch auf dem K2, der endlich einmal erklettert und gemeistert werden will. Was hier ist, vor Ort, im Moment, ist doch meist nur der schnöde Alltag. Die Last mit Beruf und Familie, die drückenden Sorgen, die unzureichende Freizeit, von Freiheit schon gar nicht zu reden angesichts der Bedingungen, die man fürs existenzielle Überleben an sich braucht. – Also raus aus der Bude, raus aus dem Alltag, raus aus dem alltäglichen schnöden Sein, das uns doch nichts abverlangt als eine unmenschliche Geduld.

Aber wohin? Ist es etwa eine Frage von Entfernung im Raum, wenn ich auf der Suche nach dem Glück bin? Oder ist es letztlich nur eine Frage der inneren Haltung, die mit und ohne räumliche Entfernung überall und jederzeit seine Wirkung entfalten kann.

Johann Wolfgang von Goethe hat es erkannt. Er konnte in der Ferne wie in der Nähe sein Glück finden, weil er wusste, wo es zu finden war. Nämlich einerseits an jedem Ort, in jedem Ding – und andererseits in sich selbst und in der inneren Haltung zum Leben.

Diese Seins-Sichtweise ist nicht ortsgebunden, braucht keine langen Reisen, schließt sie aber auch nicht aus. Das Glück ist immer da, behauptet er zu Recht. Es braucht jedoch eine Art innere Reise, auf die man sich begeben muss. Eine Reise der Seele, die sich neu auf das Leben ausrichtet. Ein Gedankengebäude, das seinen Blickwinkel erheblich über das hinaus ausweitet, was ihm bisher vors Auge kam. Ein inneres Auge muss quasi geöffnet werden, um nun eine neue Schönheit oder Spannung z u erkennen, die uns alle unmittelbar und immer umgibt. Man nennt es auch das urphänomenale sehen. Goethe wusste uns zudem auch zu berichten, dass nichts schwieriger ist, als das zu sehen, was direkt vor unseren Augen liegt.

Nicht die äußere Umgebung ist das, was wir in der Regel zum Glück brauchen, sondern einen inneren Blick, der uns jede äußere Umgebung in einem neuen Licht erscheinen lässt, welches uns Erstaunen lässt, wenn wir das richtige Schauen erst einmal erlernen. Das braucht Training, in die nicht nur alle äußere Sinne eingebunden sind, sondern der ganze Mensch mit all seinen Gedanken und der Fähigkeit des Erfühlens.

Reisen, in die Ferne schweifen kann den Horizont enorm erweitern. Entscheidend ist dabei, ob man den Reiseantritt als Flucht vor unbewältigten Problemen vor Ort oder vor sich selbst benutzte oder ob man in der Lage ist, an jedem Ort der Welt das Zauberhafte zu finden, dass uns vom Wahn befreit, das Glück sei nur immer dort, wo man gerade nicht selbst verweilt.

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