Johann Wolfgang von Goethe über Schriftsteller

  • Was man schwarz auf weiß besitzt,
    kann man getrost nach Hause tragen.

Johann Wolfgang von Goethe

deutscher Dichter

* 28.08.1749 Frankfurt am Main
† 22.03.1832 Weimar

Gedanken von Christa Schyboll zum Zitat

Goethes Spruch lässt vermuten, dass er selbst wohl auch schlechte Erfahrungen mit bloßen Versprechungen seiner Mitmenschen gemacht hat. Warum sonst plädiert er wohl dafür, die Dinge, um die es geht, schriftlich niederzulegen. Schwarz auf weiß. Tinte auf Papier. Ein solches Dokument hat eine Klarheit und Eindeutigkeit, auf die man sich zumeist verlassen kann.

Schriftliche Abmachungen sind keine Erfindungen der Neuzeit, sondern uralt. Wann genau die Menschheit begann, Verträge auch schriftlich niederzulegen, liegt wohl noch im Dunkel der Geschichte. Doch zumindest überliefert uns die Bibel die Gesetze Gottes auf der Tafel, die er Moses schriftlich gab. Traute auch Gott nicht der Erinnerung des Menschen, weil er ihn zu genau kannte?

Lange Zeit reichte es vollkommen aus, ein Versprechen auch mündlich zu geben. Es kam im juristischen Sinne einem schriftlichen Vertrag gleich. Schwarz auf weiß mit Tinte und Papier war nicht nötig. Man vertraute dem Wort des Vertragspartners und dieser vertraute auch zurück. Wurden Verträge dennoch gebrochen, so nutzten allerdings in letzter Konsequenz nicht einmal schriftliche Kontrakte. Wer vertragsbrüchig werden will, kann dies so oder so handhaben. Doch die meisten Verträge unter den Menschen, seien sie wirtschaftlicher, politischer oder privater Natur, werden doch deshalb miteinander eingegangen, um sie beidseitig auch einhalten zu wollen, weil in der Regel auch jeder davon einen gewissen Vorteil oder eine Sicherheit hat.

Soll man es als Rückschritt in Sachen zwischenmenschlichem Vertrauen zu bezeichnen, dass es heutzutage mehr und mehr der schriftliche Vereinbarungen brauchte, um sich mit dem Vertragspartner auch "sicherer" zu fühlen? Wenn ja, dann kann das nur mit der Menge der Vertragsbrüche zusammenhängen, die die Menschen letztlich vorsichtiger werden und auf Nummer sicher gehen ließen.

Auch Liebende sehnen sich mehr und mehr nach Verträgen

Damit aber nicht genug wurden den Verträgen und Kontrakten nach und nach auch immer mehr umfangreiche Begleittexte zur Seite gestellt. Man nennt es das "Kleingedruckte" und meint damit oft eine schier unübersichtliche Fülle von Zusatzvereinbarungen, Regelungen und Absprachen, die über den bloßen Vertragstexte hinaus ebenfalls einzuhalten sind und ihm einen weit größeren Rahmen geben, als zunächst erkennbar ist. Im Laufe der Zeit wurde das "Kleingedruckte" immer umfangreicher.

Die Zeiten des guten alten Handschlages sind für viele Menschen im Wesentlichen vorbei. Trotzdem sind alle Rechtsgeschäfte laut Bürgerlichem Gesetzbuch bis heute formfrei. Das bedeutet: der vertrauensvolle Handschlag kann auch heutzutage tatsächlich ausreichen und wird es im Falle eines Vertrauensverhältnisses auch tun.

Die Risiken, die damit aber für gewisse Geschäfte verbunden sind, sind enorm. Denn im Rechtsstreit steht es Wort gegen Wort, wenn keine anderen Beweise oder Nachweise vorhanden sind. Und wenn es dann keinen Zeugen gibt, sieht es rechtlich oft sehr problematisch für mindestens einen der Vertragspartner aus.

Heutzutage brauchen jedoch selbst mehr und mehr Eheleute ihren Kontrakt schwarz auf weiß. Damit ist nicht die Heiratsurkunde gemeint, sondern der notarielle Vertrag, der oft bis in kleinste Details finanzielle Abmachungen und Pflichten und Rechte regelt. Selbst unter Liebenden, die doch den möglichst lebenslangen Bund der Ehe bis zum Tod eines Partners eingehen wollen, ist das Misstrauen mittlerweile groß genug, um es sicherheitshalber noch in Zusatzverträge zu gießen, weil ihnen die gesetzlichen Regelungen nicht ausreichen .Man kann ja nie wissen…

Fazit: Offenbar ist mit dem quantitativen Anwachsen der Menschheit auch eine Entwicklung des Misstrauens aneinander so herangereift, dass man eine Sache lieber schwarz auf weiß hat, die auf die man im Streitfalle im stillen Kämmerlein beruhigt zurückgreifen kann. Und gewiss ist das keine private Marotte vom Dichterfürsten Johann Wolfgang von Goethe, da lieber auf Nummer sicher zu gehen, sondern praktikables Vorgehen von immer mehr Menschen.

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