Oscar Wilde über Gutsein

  • Alles, was ich weiß, ist, daß man das Leben nicht verstehen kann ohne viel Güte, daß man es nicht leben kann ohne viel Güte.

Oscar Wilde

irischer Schriftsteller

* 16.10.1854 Dublin (Irland)
† 30.11.1900 Paris (Frankreich)

Gedanken von Christa Schyboll zum Zitat

Wann eigentlich liest man in den Tageszeitungen oder auch in Büchern einmal vom Begriff der Güte? Fast scheint es, es handele sich dabei um eines der "ausgestorbenen" Worte. Dabei verbirgt sich hinter dem Begriff der Güte eine so wunderbare Tugend, dass es gar nicht genug beschworen werden kann, sich um sie im Laufe des eigenen Reifeprozesses zu bemühen.

Bemühen?... Ein bloßes Erlernen oder Erüben funktioniert dabei nicht, denn man muss sich für sie erst durchs Verstehen und Handeln auch qualifizieren. Dazu sollte man selbst durch die Tiefen des Lebens nicht nur gegangen sein, sondern diese auch gemeistert haben. Dann ist der Zeitpunkt da, wo sich die Güte "ereignen" kann. Gläubige nennen ein solches Ereignis einen "Gnadenakt Gottes". Andere wiederum sehen, dass der eigene Anteil an diesem Ereignis durchaus ein hoher ist.

Begegnet uns Güte in einem Menschen, sind wir zumeist tief davon beeindruckt. Sie strahlt ohne Worte unmittelbar von Herz zu Herz und kommt fast immer in Stille und Bescheidenheit daher. Man kann sie nicht erzwingen und man kann sie auch nicht vortäuschen. Es ist wie ein Geheimnis, das erfahrbar ist und dennoch unergründlich bleibt.

Die Rede ist hier von jener Herzensgüte, die eine freundliche, wohlwollende und nachsichtige Einstellung gegenüber anderen Menschen zeigt. Sie kann sich dabei in Form von Barmherzigkeit zeigen oder in einem deutlichen Wohlwollen, das von einer inneren Festigkeit getragen ist. Nichts ist dabei der Beliebigkeit unterworfen, sondern von einem wissenden, stillen Ernst getragen.

Man spricht im Falle der Güte von einer der Kardinaltugenden, die ein Mensch erwerben kann. Sie braucht gewisse Voraussetzungen, um wirksam werden zu können. Dazu gehören nach Albert Schweitzer zum Beispiel auch der Mut, sich selber zu beurteilen und zu richten und darum zu ringen, selbst auch in und mit sich friedfertig zu werden. Nur wer solche Prozesse selbstkritisch durchlaufen hat, wird imstande sein, die Verfehlungen anderer Menschen auch mit einer wissenden Nachsicht zu behandeln – weil er selbst ein Wissender ist. Gepaart ist der Begriff der Güte auch mit der Langmut, der Gleichmut, der Freundlichkeit, Freude und natürlich der Liebe.

Der Verstand spielt bei dieser Form von Herzensgüte auch seine entscheidende Rolle durch das Erkennen. Denn je mehr der Mensch die Zusammenhänge komplexer Ereignisse versteht, wird er auch befähigt, das, was wir Güte nennen und so wertvoll empfinden, in sich zu entwickeln.

Dem Gütigen öffnen wir uns gerne, weil wir wissen, dass er versteht...

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