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Christoph Martin Wieland

Christoph Martin Wieland war produktiv und hat seine Zeit erheblich beeinflusst. Aber anders als seine Zeitgenossen führt der Schriftsteller Wieland heute eher ein Schattendasein im Vergleich zum Großdichter Goethe und seinen Schriftstellerkollegen Johann Gottfried Herder und Friedrich Schiller. Dass dieses Talent und auch einer der bedeutendsten Schriftsteller seiner Zeit heute nicht vollständig in Vergessenheit geraten sind, hängt auch mit Jan Philipp Reemtsma zusammen, der sich immer wieder mit Wieland und seinen Werken auseinandersetzt. Reemtsma sorgt für neue Veröffentlichungen seiner Romane und Verserzählungen, als Buch und Hörbuch.

Christoph Martin Wieland ist am 5. September 1733 in Oberholzheim bei Biberach geboren worden. Gestorben ist er am 20. Januar 1813 in Weimar. Er stammt aus einer einflussreichen, alteingesessenen Familie, die seit 1560 in Biberach ansässig ist. Die ersten Wielands betreiben den Gasthof "Zum schwarzen Bären". Später stellten sie auch einen Bürgermeister. Sein Vater hatte in Tübingen und Halle studiert und wurde später Nachfolger seines Vaters auf dessen Pfarrstelle in Oberholzheim. Er wurde 1755 Abendprediger und 1761 Frühprediger. Mit der Versetzung seines Vater setzte bei dem Jungen eine wahre Bildungsexplosion ein. Anfangs wurde er von Privatlehrern unterrichtet, später ging er zu Stadtschule. Mit zwölf Jahren schrieb er schon lateinische und deutsche Verse. Mit 16 Jahren hatte er schon beinahe alle römischen Klassiker gelesen. Aber auch die seinerzeit modernen Autoren wie Voltaire und Pierre Bayle begeisterten ihn ebenso wie der damalige deutsche Poet Barthold Heinrich Brockes.

Von 1747 bis 1749 wurde er an einem pietistischen Internat beim Kloster Berge (bei Magdeburg) unterrichtet. Hier lernte er das Werk Friedrich Gottlieb Klopstocks kennen und wurde ein leidenschaftlicher Anhänger des Dichters. Es gibt viele Anhaltspunkte dafür, dass Wieland innerlich sehr einsam war. Das änderte sich 1750, als er im Haus seines Vaters seiner Cousine Sophie Guterman begegnete. Der 26jährige verliebte sich Hals über Kopf in sie. Sie gab den Anstoß für Wielands erstes größeres Gedicht, das 1752 anonym veröffentlicht wurde. Sein Jurastudium vernachlässigte er zusehends zu Gunsten der Literatur.

Als Wieland einer Einladung des Zürcher Literaturpapstes Johann Jakob Bodmer folgte, musste er einen emotionalen Schock verkraften: Seine Verlobte Sophie trennte sich von ihm und heiratete einen Ministerialbeamten. Während seiner Schweizer Zeit (1750 bis 1759) wurde seine schriftstellerische Tätigkeit reifer, er löste sich von seinem Vorbild Bodmer, und entwickelte sich zum klassischen Vertreter der Aufklärung.

1760 kehrte Wieland in seine Heimat, nach Biberach, zurück. Obwohl Biberach eine von vier paritätischen Reichsstädten war, in der das Miteinander von Katholiken und Protestanten genau geregelt war, durfte er seine Freundin, die ein Kind von ihm erwartete, nicht heiraten. In paritätischen Reichsstädten waren alle offiziellen Gremien und Posten doppelt vorhanden: jeweils mit Katholiken und Protestanten. Doch Wielands Familie übte Druck auf ihn aus. 1765 – da war er 32 – heiratete er Anna Dorothea von Hillenbrand. Mit dieser Tochter eines Augsburger Kaufmanns hatte er 13 Kinder. Einer seiner Söhne, Ludwig Wieland, trat in die Fußstapfen seines Vaters und gab ab 1817 die politische Zeitschrift "Der Patriot" heraus.

Wieland hat Biberach als sehr spießig, kleinbürgerlich empfunden. Zum Glück gab es das Schloss Warthausen. Nicht sehr weit von Biberach (etwa zehn Kilometer) entfernt, war das Leben hier weltmännisch. Es gab auch eine sehr gute Bibliothek. Äußerst positiv schlug sich auch das Wiedersehen mit seiner früheren Verlobten Sophie auf sein Werk nieder. Er wurde weltlicher. Aus dieser Zeit stammt auch das Zitat: "Nicht Liebe und Geist, sondern Geld und Verstand herrschen in der Welt. Ja, wer mit den Idealen wirklich ernst macht, ist sicher, Elend zu werden."

Auf Augenhöhe mit den Größen seiner Zeit

Wieland war kein Freund des Absolutismus. Er hatte es beispielsweise dreimal abgelehnt, einen Adelstitel verliehen zu bekommen. Dass er 1772 schließlich doch der Bitte der verwitweten Herzogin Anna Amalia von Sachsen-Weimar nach Weimar zu ziehen, nachkam, hatte andere Gründe. Weimar war der Nabel der geistigen Welt im damaligen Deutschland und dann reizte ihn die Aufgabe, die Söhne der Herzogin zu unterrichten. Hier bezog er nicht nur ein üppiges Gehalt, er konnte auch den geistigen Austausch mit Größen der Zeit, Goethe und Herder, frönen. Es heißt, nur Goethe habe vergleichbar großes Wissen über das Leben seiner Zeit gehabt. Wieland ließ sich jeden Posttag Zeitungen aus Paris und Straßburg schicken.

Er übersetzte, schrieb, dichtete, arbeitete als Kritiker und gab schließlich auch noch die Zeitschrift "Teutscher Merkur" heraus. Später, 1796 bis 1801, kam noch die Zeitschrift "Attisches Museum" dazu. Seine Übersetzungen der Werke von Horaz und Lukian fanden ebenso viel Anklang wie seine Märchensammlung. Lediglich der jüngere Goethe hatte anfangs Probleme mit Wielands Werken und schrieb einen deftigen Verriss. Es zeugt von Wielands Souveränität, dass er nicht beleidigt war. Im Gegenteil: Er schrieb eine Kritik zu Goethes Text. Später freundeten sich die beiden an.

Wieland war auch in Frankreich populär. Kaiser Napoleon lud ihn darum zu einem Gespräch nach Erfurt ein. Wie es heißt, habe Wieland hauptsächlich dem Kaiser widersprochen. Dennoch ehrte ihn der mächtigste Mann Europas mit dem Titel Ritter der Ehrenlegion.

In seinen achtzig Lebensjahren war Wieland äußerst schaffensfroh. Er war der bestbezahlte Schriftsteller seiner Zeit. Für den Roman "Der goldene Spiegel" erhielt er ein Honorar von knapp 1,8 Millionen Taler. Das ist mehr als das Jahresgehalt eines Professors dieser Zeit.

Mit dem Geld kaufte er sich das Gut Oßmannstedt in der Nähe von Weimar. Hier traf er mit vielen interessanten Zeitgenossen zusammen. Das Wohnhaus ist heute eine Gedenkstätte mit Museum und Forschungsstätte. Es ist am 25. Juni 2005 eröffnet worden. Das Wielandgut sowie auch das Haus gehören zur "Klassik Stiftung Weimar". Vor dem Haus befindet sich ein Brunnen, der Delphinbrunnen, an einem angelegten Teich. Auch der Grabstein des Dichters steht hier wie auch der von Sophie Brentano, der Enkelin seiner früheren Verlobten. Sophie Brentano hatte ein sehr inniges Verhältnis zu Wieland. Ihr plötzlicher Tod im Alter von 24 Jahren (1800) veranlasste das Ehepaar Wieland, ihr einen Gedenkstein auf dem Gut zu errichten.

Wielands Texte, die mit ihrer Liberalität sich zu seiner Zeit viel Anerkennung erwarben, führten später zu einer brutalen Ablehnung. Wieland wurde fast vergessen. Erst in den letzten Jahren hat sich das geändert. Der Schriftsteller Arno Schmidt meinte, intelligente Menschen könne man daran erkennen, dass sie Wieland lesen und lieben.

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