Krieg, Krisen, Angst

Ist Angst ein guter Berater?, hinterfragt Christa Schyboll

Sind blinde Sorglosigkeit, mangelnde Fantasie für etwas bevorstehend Bedrohliches oder Verdrängung etwa bessere Berater - als eine aus natürlichen und faktischen Gründen empfundene Angst?

Und was überhaupt soll dieses Sprichwort, Angst in Bezug auf "Berater/Beratung" einzusetzen, gar festzuschreiben? Dieses Zitat wird überall genutzt, aber kaum hinterfragt. Hinterfragen wir es also ein wenig, weil das Thema Angst nun leider auf der Agenda vieler Menschen steht.

Angst ist ein Gefühl der Bedrohung. Dieses Gefühl kann von äußeren oder inneren Einflüssen verursacht worden sein. Es gibt äußere, sehr konkrete und handfeste Bedrohungen, wie aktuell die Gefahr eines Dritten Weltkrieges, eines Atomschlages, eines weltweiten Wirtschaftseinbruches aufgrund der aktuellen Situation. Und es gibt auch berechtigte innere Ängste, weil man um seine Liebsten fürchtet oder um sich selbst, nicht wissen kann, was diese extrem unkalkulierbare Zukunft bringt, die selbst auf dem Höhepunkt der Corona-Pandemie harmloser erschien, als es jetzt der Fall ist.

Angst ist also eine individuelle Realität, die sich bei jedem anders stark, schwach, hysterisch oder auch gefasst äußern kann. Sie wahrzunehmen, ernst zu nehmen, ist sinnvoll, weil: dann bleibt man motiviert handlungsfähiger als wenn man die Tatsachen verdrängt, im Wolkenkuckucksheim lebt und Null Motivation haben kann, der verdrängten Angst zu begegnen. Mit Ignoranz ist kein Problem gelöst.

Die Frage ist also nicht, ob es gut oder schlecht ist, Angst zu haben, sondern allein der vernünftige Umgang damit, falls sie vorhanden ist. Und dieser entscheidet dann auch über das weitere persönliche Empfinden in der jeweils gegebenen Situation.

Es gibt eine Menge Möglichkeiten, der Angst offensiv zu begegnen, ohne sie zu verdrängen oder zu verharmlosen. Sinnvolle Aktivitäten. Für die eigene Familie beispielsweise oder auch für Nachbarn oder fremde Menschen. Man kann zum Beispiel eine sinnvolle (nicht übertriebene) Notfall-Reserve anlegen, die auch die Bundesregierung ständig empfiehlt. Denn kommt es hart auf hart: dann gibt es binnen weniger Tage, gar Stunden, fast nichts mehr. Und da ist dann auch niemand, der zu über 82 Millionen Menschen schnell durchdringt. Da muss schon jeder sehen, wie er selbst vorübergehend klarkommt.

Durch die nun mehr und mehr greifenden Blockaden dürften auch schneller als je zuvor Nachlieferungen von Waren aller Art schwierig werden oder wesentlich länger dauern als gewohnt. Von den ständig angekündigten hohen Preissteigerungen sowie der galoppierenden Inflation mal ganz abgesehen. Wir müssen uns also umstellen, ausnahmslos alle. Von schnell und direkt auf Verknappung. Von Üppigkeit auf einen bisher vielleicht noch ungewohnten "Mangel" (angesichts unserer besonderen Verwöhntheit). Und dabei hilft Vorausdenken und gründliches Nachdenken: Was brauche ich (meine Familie usw.) am dringendsten? Wo bekomme ich es her? In welchem Maßstab ist der Kauf sinnvoll, wann unsinnig? Wie weit reicht meine Kaufkraft im Notfall?... Brauche ich Medikamente, habe ich alles für eventuelle Notfälle? Beispielsweise genug Kerzen, wenn der Strom mal länger ausfällt? Einen Grill, wenn der Herd nicht funktioniert? Auch die passende Holzkohle dazu oder Gas? Was ist mit Getreide, Fetten, Konserven für den Notfall, falls Frischgemüse vorübergehend knapp wird? Was ist mit Wasser und Grundnahrungsmitteln, die lange haltbar sind? Die Liste könnte endlos fortgeführt werden, aber es gibt sie auch bei allen Katastrophenschutzseiten zum persönlichen Check.

Die Angst wird bei solchen Maßnahmen vermutlich nicht verschwinden, vielleicht aber kleiner werden. Auch das wäre schon ein schöner Erfolg. Eine minimierte oder gedämpftere Angst lässt mehr Handlungsspielraum zu, den man für anderes, für Konstruktives einsetzen kann. Man kann sich überlegen, ob der eigene Garten - die Saison fängt bald an - nicht doch etwas mehr Gewürze, Gemüse, Kräuter vertragen könnte statt nur Blumen. Auch damit ist in Krisenzeiten unter Umständen schon etwas geholfen oder abgemildert.

Wer in Krisenzeiten Sinnvolles für andere oder sich selbst tut, bleibt in gesunder Aktion. Die Möglichkeiten sind derzeit noch immens groß. Wer tut, erlebt sich selbst sehr lebendig zu lebenszugewandt. So sollte es sein. Vor allem in Krisenzeiten.

Krisen sind Zeiteinheiten, in und an denen wir besonders stark wachsen können.

Wir werden nicht gefragt, ob wir sie wollen - aber wir können zeigen, dass wir sie ernsthaft und voller Hoffnung zu meistern versuchen.

— 04. März 2022
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