Der Zauber des Unerklärlichen
Vom Geheimnis der Begegnungsmagie schreibt Christa Schyboll
Schreibe ich von »magischen Momenten«, so kann oder wird das für Leser, die dies selbst noch nie bewusst erlebt haben, Textschrott sein. Es geht sie nichts an, es berührt sie nicht, weil es ja mit ihnen selbst nichts zu tun hat. Es sei denn… man kennt und erkennt es und sich selbst darin!

Es geht hier also nicht um eine längst schon inflationär oft bemühte Wortkombination. Eine, die sich für romantisches Geflüster ebenso eignen mag, wie für raffinierte Werbeslogans, die auf die Verführbarkeit des Konsumenten abzielen. Von all dem schreibe ich nicht. Und es geht auch nicht darum, ob man in diesem Augenblick im Gleichklang schwingt – wenngleich es dennoch oft flankierend miteinander einhergehen kann.
Ich schreibe von einem Zauber, der zwischen den Beteiligten unbesprochen bleibt. Er kann einseitig oder beidseitig erlebt werden. Man hat ihn, so wie ich ihn hier meine, vor allem mit völlig fremden Menschen. Mit Kurzzeitbegegnungen, mit Unbekannten auf unerschlossenem Terrain einer nicht bekannten Gemeinsamkeit. Und doch gibt es da etwas! Etwas das mächtig ist und nicht mit jenen schönen Momenten zu verwechseln ist, die man mit den vertrauten Lieben um sich herum hin und wieder erlebt.
Das Magische daran ist vor allem diese oft unerhörte plötzliche Anziehungskraft, die jenseits der üblichen Verhältnisse steht. Sie überbrückt nicht nur alle Geschlechtlichkeit, sondern auch jedes Alter. Sie überbrückt auch die Zeit. Es könnten Jahre dazwischen vergehen, das Gefühl stellt sich sofort wieder ein. Man kann es mit Neugeborenen erleben, mit Sterbenden und allen Altersstufen dazwischen… weil ausgerechnet das Alter überhaupt keine Rolle spielt. Es spielt sich inmitten der Zeit und im Raum dennoch in einer Nische der Ewigkeit ab, die wir für kurze Zeit betreten.
Es ist ein Wiedererkennen von etwas, das man nicht benennen kann, weil es »nicht von dieser Welt ist«. Es liegt nicht in den äußeren Dingen, Gegebenheiten oder einer erinnerbaren Vergangenheit. Auch nicht an einer Stellvertreterprojektion, so als würde man durch jenen Menschen an einen anderen erinnert. Das sind andere Dinge. Unergründliche Ereignisse, die in diesem Augenblick in unsere Welt hineingezogen werden. Da wir weder die Gründe verstehen und die Hintergründe nicht kennen, sind wir oft sprachlos, stumm, ja unter Umständen auch fassungslos. Nur nichts mit falschen Worten zerstören! Nur kein falscher Gedanke oder ein ungeklärtes Gefühl in diesen geheimnisvollen Raum entsenden. Lieber still sein. Beobachten. Staunen. Es ist so übermächtig, so stark, dass die Wirkung über Tage, ja Wochen oder Jahre anhalten kann. Ohne dass man je ein Wort darüber verlor.
Aber was ist es?
Wüssten wir es, wäre es seines Geheimnisses beraubt. Dann hätte diese Magie keine so enorme Wirkung auf uns. Fragen würden keine mehr auftauchen, weil die Entschleierung dieses mystischen Vorgangs längst geschah. Es kann sich als Déjà-vu zeigen, aber auch das muss nicht sein. Es kann wie völlig aus dem Nichts auch neu daherkommen und trotzdem alle Kennzeichen des Alten, Wohlbekannten, Vertrauten, Intimen tragen. Es kann eine Einheit spürbar werden, die sich in nichts zu zeigen vermag und dennoch als tiefe Realität empfunden wird.
Ich erlebe es immer einmal wieder im Leben. Selten genug, um ihm immer wieder neu meine besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Häufig genug, um mich damit als überaus reich beschenkt zu fühlen. Beschenkt mit ganz persönlichen Geheimnissen, die ich zu Lebzeiten nicht mehr lösen kann, aber die mich dennoch mit einem freudig brennenden Herzen ob dieser Spannung wunderbar befeuern.