F – wie Februar – oder F wie Freiheit

Sind Freiheitsgefühle lediglich emotionale Luftschlösser, fragt Christa Schyboll

Viele glauben, wenn sie die Befreiung von ihrem persönlichen Problem gelöst hätten, wären sie frei. Doch die Befreiung von schwerer Not ist keinesfalls gleichzusetzen mit einer inneren, selbst gewählten und willentlich bewusst ergriffenen Freiheit, sondern es ist nur ein günstiges Sprungbrett, in das Abenteuer Freiheit.

Über die Freiheit des Menschen wird seit Jahrtausenden nicht nur klug nachgedacht, sondern nach wie vor auch kontrovers diskutiert. Das hängt keinesfalls allein an den verschiedenen Meinungen und Erfahrungen mit der Freiheit, sondern liegt schon in seinem Begriff begründet, der unendlich verschiedenartig deutbar ist.

Gehen wir davon aus, dass wir alle einer Unzahl von Gesetzmäßigkeiten und Prägungen unterliegen, bevor wir ein erstes freies Ja oder Nein zu was auch immer sagen können, so zeigt sich schon allein die Schwierigkeit des Grundbegriffes. Ja oder Nein zu sagen alleine ist sicherlich noch lange keine Freiheit, auch wenn es uns manchmal so vorkommt. Denn beides kann durch viele Umstände manipuliert sein, ohne dass der Mensch es merkt. Was bleibt, ist zunächst also eine relative Freiheit, die an viele Bedingungen geknüpft ist und insofern schon nicht wirklich frei sein kann.

Man denke allein an die vielen Raum-Zeit-Gesetze, denen wir unterliegen. Ich kann mich keinesfalls frei dazu entscheiden, ein Vogel oder die Fähigkeiten eines Walfisches haben zu wollen. Da kann ich tausendmal ja zu sagen: das Ansinnen bleibt lächerlich. Die Schwerkraft bindet uns wie auch die Abhängigkeit von der Materie allgemein durch die Interaktion der chemischen, biologischen oder zeitlichen Prozesse miteinander.

Bliebe also „nur“ noch die Freiheit im Geistigen, im Sozialen, im Ethischen. Dort könnten wir frei sein, wenn denn auch wieder bestimmte Bedingungen vorhanden sind. Dazu gehören beispielsweise die Art von Prägungen seit der frühesten Kindheit. Ein Kind, dass mit Angst und Schlägen sein Leben begann, das Liebe nie kennenlernte oder unter ständigem Druck groß wurde, wird erheblich größere Blockaden zum Zugang einer späteren Willensfreiheit haben, als Kinder, die in vertrauensvoller Umgebung, die sie liebte und förderte. Dazu kommen soziale, kulturelle, gesundheitliche oder psychologische Sonder-Bedingungen, die sich extrem darin unterscheiden, wie frei sich ein Mensch für die Freiheit im Laufe seines Lebens machen kann.

Sich für die Freiheit freimachen?....

Vielleicht wird die Frage nach der menschlichen Freiheit oft einfach auch falsch gestellt? Nicht wenige Menschen denken bei Freiheit verständlicherweise zunächst an Befreiung. Befreiung von Unterdrückung, Not, Elend, Krankheit, Druck, Angst, Hunger, Krieg usw. Viele glauben, wenn sie die Befreiung von ihrem persönlichen Problem gelöst hätten, wären sie frei. Das ist ein Irrtum (in aller Regel). Die Befreiung von schwerer Not ist keinesfalls gleichzusetzen mit einer inneren, selbst gewählten und willentlich bewusst ergriffenen Freiheit, sondern es ist sozusagen nur ein günstiges Sprungbrett, von dem aus man in das Abenteuer Freiheit vortrefflicher zu springen weiß.

Wenn man sich von seinem Problem befreit hat (befreit worden ist), steht der nächste Akt an, der bedeutet, dass man FÜR ETWAS freiwerden kann (soll, darf). VON etwas freiwerden ist der erste Schritt, FÜR etwas freiwerden der zweite, entscheidende Schritt.

Was das nun ist, FÜR das man frei werden will und einen eigenen selbst-bewussten Willen einsetzen will, kann nun sehr verschieden sein und wird sich an der individuellen Lebensaufgabe und –ausrichtung des Menschen zeigen. Ganz sicher aber ist, dass die höchste Kunst des Freiwerdens „für etwas“ die LIEBE IST. Freiwerden für die Liebe, die Unfreiheit nicht erträgt, die ohne die Freiheit auch in und nach ihrem Wesen nicht sein kann. Unfreiheit oder irgendeine Form von Abhängigkeit in der Liebe verunmöglicht sie in letzter Konsequenz.

Diese letzten Konsequenzen, Liebe und Freiheit radikal zu ende gedacht in die einzige Bedingung die beide haben – nämlich die Bedingungslosigkeit – ist für die meisten Menschen noch ein weites Ziel, eine Zukunftsaufgabe. Aber nur, weil sie noch weit von ihrer allgemeinen Verwirklichung weg ist, darf und soll sie heute trotzdem schon positiv mit bedacht und auch erfühlt werden. Denn was wir denken und fühlen gestaltet unsere Wirklichkeit, greift in unsere Zukunft aus dem Gegenwartspunkt ein und sorgt mit dafür, dass man später einmal auf eine gute Vergangenheit zurückschauen kann.

— 04. Februar 2010
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