Friedenserziehung

Man kann nicht früh genug damit anfangen, glaubt Christa Schyboll

Was braucht es also, einen inneren Frieden mit sich selbst zu veranlagen? Reicht es aus, dass wir Frieden wollen, Sehnsucht danach haben? Keinesfalls. Denn in diesem Wollen werden sich die Menschen in aller Regel schnell einig sein. Es ist das Können, das fehlt.

Wir hatten Buddha, Jesus, Mahatma Ghandi, Martin Luther King, Nelson Mandela – um nur wenige Friedensbotschafter zu nennen, hinter denen aber auch Tausende namenlose Friedensmacher in aller Welt stehen, die uns allen Vorbild sein können. Aber haben wir deshalb mehr Frieden in der Welt? Schaut man sich die heißen Kriegsgebiete an, scheint man es verneinen zu können. Und schaut man noch genauer hin, gibt es noch viel mehr Streit, auch wenn er nicht immer mit Waffengewalt ausgeübt wird. Heute gibt es viele Methoden der Kriegsführung. Einer zum Beispiel findet an den Börsen mit Warentermingeschäften statt. Auch das kann Krieg, in diesem Fall Wirtschaftskrieg, bedeuten, wenn man den Bogen dabei überspannt und ganze Landstriche wirtschaftlich ausbluten.

Friedenerziehung ist nicht nur ein modernes Thema an Schulen, sondern vor allem ein notwendiges. Trotz der Menschenrechtscharta, trotz Uno und vieler internationaler Verpflichtungen gibt es weiterhin und ungebremst Hunger und Folter, Elend, Armut, Krankheit und Krieg in Massen. Haben all diese Friedensmacher überhaupt nichts erreicht? War jedes Opfer tatsächlich umsonst? Hat die Welt im 21. Jahrhundert ethisch versagt? Zumindest kann sich die Gemeinschaft aller Menschen nicht mit einem besonderen Ruhmesblatt hervortun, sondern immer nur der Einzelne. Die Entwicklung der Technik steht in jedem Fall weit über der Entwicklung der Ethik. Oder vielleicht auch deshalb? Haben wir zu viele Kräfte in einseitigen Gebieten gebündelt und etwas außer Acht gelassen, dass wir nun heute in die Klassenzimmer tragen müssen, um unsere eigene Zukunft vor uns selbst zu retten?

Frieden ist aber nicht nur eine globale Angelegenheit zwischen Staaten, sondern beginnt in mir selbst. Dort wo ich unzufrieden bin, auf Feindessuche gehe, um mich nicht als eigenen Feind zu orten, beginnt es. Da kann es schon zu Fehlentwicklungen kommen, die nach und nach ein Denken und Fühlen fördert, das mehr kriegerische Elemente enthält, als wir es überhaupt bemerken.

Im nächsten Du kann es sich entladen. Vielleicht sogar zunächst leise und unbemerkt und dann sich wie eine Welle ausbreiten, die ja auch auf andere Wellen in anderen Menschen stößt, denen es genauso geht.

Was braucht es also, einen inneren Frieden mit sich selbst zu veranlagen? Reicht es aus, dass wir Frieden wollen, Sehnsucht danach haben? Keinesfalls. Denn in diesem Wollen werden sich die Menschen in aller Regel schnell einig sein. Es ist das Können, das fehlt. Der Mangel, den wir haben, aber nicht einmal so genau im Detail kennen. Fehlende Talente, wie Konflikte denn am besten befriedigt werden oder wie man sie schon im Keim erkennen und damit auch Auswüchse verhindern kann.

Eine Welt des Friedens braucht unseren Mut. Frühzeitig in den Schulen dies zu unterrichten, dürfte wertvoller sein als so manches andere Bildungsfach. Und dieser Unterricht muss lebendig erfahrbar sein. Beispielsweise in der Art, wie man Konflikte im Klassenverband dann auch wirklich löst. Hier wird Friedenserziehung dann auch zum praktischen Übfeld, das einprägsamer und formender werden kann als jede Theorie.

Abschließen möchte ich den kleinen Gedankenausflug mit Gandhi. Folgen wir ihm, kommen wir ein Stück diesem Ziel näher: "You must be the change you wish to see in the world."

— 07. August 2012
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