Der Glaube versetzt Berge

Und begräbt Hoffnung und Wahrheit darunter, meint Tom Borg

Kein Staat der Welt gibt sich allzu große Mühe, seinem Bürgern zu beweisen, dass gleiches Recht für alle gilt. Quasi überall auf diesem Planeten gilt bis heute, was bereits 1945 George Orwell in seiner berühmten "Farm der Tiere" den Schweinchen in den Mund legte: Alle Tiere sind gleich. Aber manche sind gleicher.

Es ist nicht zu übersehen: wir haben Wahlkampf. Wie anders wäre es zu verstehen, dass Kanzleramtsminister Ronald Pofalla die Vorwürfe und Verdächtigungen an die Adresse der USA, NSA und BND kontert mit der Information, die USA hätten schriftlich versichert, in Deutschland nicht gegen deutsches Recht zu verstoßen.

Ei, das werde ich mir merken. Sollte mir je ein Polizist vorwerfen, ich hätte gegen irgendwelche Verkehrsregeln verstoßen, dann werde ich eine schriftliche Erklärung abgeben, dass ich auf deutschen Straßen nicht gegen das deutsche Straßenverkehrsrecht verstoße. Und sollte es ein Richter wagen, mich dennoch zu verurteilen, werde ich ihn wegen Amtsmissbrauchs verklagen. Denn wenn USA, NSA und BND mit einer schriftlichen Versicherung Anschuldigen vom Tisch wischen dürfen, dann sollte ich als Bürger doch wohl das gleiche Recht haben. Oder etwas nicht?

Na ja, so ganz sicher bin ich mir da nicht. Denn kein Staat der Welt gibt sich allzu große Mühe, seinem Bürgern zu beweisen, dass gleiches Recht für alle gilt. Quasi überall auf diesem Planeten gilt bis heute, was bereits 1945 George Orwell in seiner berühmten "Farm der Tiere" den Schweinchen in den Mund legte: Alle Tiere sind gleich. Aber manche sind gleicher. Dem gibt es bis heute nichts hinzu zu fügen. Politiker in Regierungen machen einfach was sie wollen und sogar die Opposition stimmt ihnen - leise natürlich - in vielen Punkten zu, weil sie es genauso machen würde, wenn man sie denn ließe.

Transparenz? Pustekuchen! Wenn in den USA ein Geheimgericht in einem Geheimverfahren einen geheimen Beschluss fasst, dann darf nicht einmal der davon Betroffene öffentlich aussprechen, dass er betroffen ist. So müssen wir letztlich glauben, was man uns öffentlich sagt, obwohl man uns im gleichen Atemzug auch sagt, dass wir eben nicht alles gesagt bekommen. Das ist so albern wie Thomas Gottschalks Werbung mit dem "Du darfst alles essen, aber nicht alles wissen".

Was ist die schriftliche Versicherung des Beschuldigten wert, wenn es verboten oder faktisch schlichtweg unmöglich ist, deren Wahrheitsgehalt zu überprüfen? Damit stellen sich Regierungen und Geheimdienste Gott gleich, denn dessen Existenz kann auch niemand überprüfen, aber der christliche Glaube geht davon aus, dass es ihn gibt. Sind NSA und BND also zwei göttliche Propheten unserer Zeit? Einen Jünger haben sie mit Kanzleramtsminister Ronald Profalla zumindest schon gefunden. Und ich fürchte, der Rest der Menschheit wird folgen. Denn bei Jesus Christus kann jeder frei entscheiden, ob er an ihn glauben möchte; bei Regierungen und Geheimdiensten bleibt uns schlicht nichts anderes übrig - es ist eine politische Zwangs-Evangelisierung…

— 15. August 2013
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