Manipulation

Hatten Sie heute schon Ihre Dosis?, fragt Christa Schyboll

Warum sollten Journalisten ehrlicher sein als Politker, Banker, Dealer oder andere mehr oder weniger ehrenwerte Berufsgruppen? Dass es viele, vielleicht die meisten, Journalisten dennoch sind, wollen wir alle hoffen.

Warum sollten Journalisten ehrlicher sein als Politker, Banker, Dealer oder andere mehr oder weniger ehrenwerte Berufsgruppen? Dass es viele, vielleicht die meisten, Journalisten dennoch sind, wollen wir alle hoffen.

Aber daneben gibt es eine Gruppe, die anderes im Sinn hat. Wären sie dabei aber nicht an einer zentralen Stelle der Macht, wäre es keine Zeile wert. Da jedoch die Medien einen enormen Einfluss auf Gefühle, Gedanken und Taten der Menschen haben, die sie lesen, ist die Frage der Ehrlichkeit um so dringlicher zu stellen.

Es geht um die Manipulation. Sie muss dabei nicht einmal als grobe Lüge daher kommen, sondern es reicht, wenn mit Halbwahrheiten jongliert wird. Hier etwas weglassen und dort eine Suggestion hinzufügen, die man für eine Tatsache halten könnte – und schon hat man ein Informationsgebräu dass eventuell juristisch einer Anklage standhält, jedoch nicht mehr der journalistischen Sorgfaltspflicht oder ethischen Grundsätzen, so solche Manipulationen gezielt geschehen. Und sie geschehen oft.

Die Gründe können rein kommerzieller, wie auch politischer oder ideologischer Art sein. Klar ist, dass alle reißerischen Nachrichten erst einmal Quote bringen, die Auflage steigern und ein Bedürfnis in der Öffentlichkeit stimulieren, dass kurz darauf noch mehr von dem Happen will. Der Hunger beginnt beim Lesen erst recht. Je skandalträchtiger, um so besser.

Schaut man ein wenig ins Hinterstübchen der journalistischen Handwerkskammer, so wird man sich nicht wundern, wenn plötzlich von „Journalistenrabatt“ die Rede ist, wenn es um Korruptionsaufklärung in großen Firmen geht. Da wird sich so manch einer, der das hässliche Thema sauber behandeln wollte, selbst schnell verführt und könnte genauso gut über sich selbst berichten.

Die Abschreibereien, die frech als eigene Berichte verkauft werden, haben speziell in Zeiten des Internets auch Journalisten in verführerischen Fängen. Oder die oftmals unselige Allianz zwischen Politik und Presse, die es einerseits braucht, wo man sich aber oft auch nicht zu schade ist, sich gegenseitig so zu „gebrauchen“, wie es karrieremäßig oder finanziell eben günstig ist.

Die Schlachtfeste der großen Gazetten gehen oft über Leichen. Bringt sich jemand um, so ist es ein Kollateralschaden, der doch gewiss nichts mit einer gewissen Art von reißerischem, unbarmherzigen Journalismus zu tun hatte, sondern allein mit der Psyche des Opfers, das halt ein wenig zu sensibel für diese Welt war.

Kehren wir zu den Echten zurück, die wahrhaftig das und den anprangern, was informativ angezeigt werden muss. Hoffen wir, dass sie ihren eigenen Kollegen nach und nach durch echte Qualität das Handwerk legen, auf dass wir uns auf die gegebenen Informationen tatsächlich einmal wieder voll verlassen können. Möge mein Wunsch jetzt nicht als Ausgeburt sträflicher Naivität gesehen werden – sondern einfach als Prinzip Hoffnung in einer komplex gewordenen Welt, die uns niemand mehr so recht zu erklären weiß.

— 10. Oktober 2010
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