Auf dem Land ist es doch so schööööön …

Aber nicht jedem bekommt's meint Helma Spona

Zurück zur Natur war selten aktueller als heute. Egal wohin, Hauptsache raus aus dem Feinstaub verscheuchten Großstadtdschungel und hinein in das fröhlich-gesunde Landleben.

So ziehen Familien aus der Stadt aufs Land, in ein kleines Dorf, wo jeder jeden kennt, denn auf dem Land ist es ja so schön. Da ist Platz für die Kinder, sie können in der "Natur" spielen und es herrscht Ruhe und Idylle. Adrette Vorgärten, "nette" Nachbarn, einfach Erholung Pur, fast wie im Urlaub.

Sie kaufen ein kleines Reihenhaus direkt an der Hauptstraße des Dorfes, nach hinten raus ist ein kleiner Feldweg mit Wiesen und Feldern. Und weil es so schön ist und es ja auch dazu gehört, wird ein Hund angeschafft. Aber dann, ach wie schrecklich … dann kommt die Ernüchterung. Der Hund will spazieren gehen? Kommt nicht stubenrein zu Welt? Der will Beschäftigung und der macht Dreck? Iiiiih, also das kann so nicht bleiben. Und so wird der Hund wieder abgeschafft. Stattdessen wird ein Schild direkt an der Grundstücksecke aufgestellt "Hier ist kein Hundeklo", für die "vielen" Hunde, die es wagen im Vorbeigehen ihr Bein am Pfeiler zu heben und deren Herrchen und Frauchen dies nicht unterbinden. Klar wer den eigenen Hund wieder abschafft, weil der Dreck macht, der will natürlich auch nicht den "Dreck" der anderen. Soweit schon logisch …

Und dann wird aus dem ersten Winter Frühling und der Garten, der nicht mehr als ein paar Quadratmeter Rasen und ein Mini-Vorgarten ist, muss gepflegt werden. Aber ach du Schreck. Der Rasen ist nicht von alleine grün und bleibt schön kurz, der muss gedüngt und geschnitten werden? Naja, wenn's denn sein muss, wird der Rasen halt geschnitten, aber wohin mit dem Rasenschnitt? Biotonne steht ja vor der Tür, aber würde man die benutzen, würde die ja schmutzig werden. Eventuell auch nicht so ganz gut riechen? Das geht natürlich keinesfalls. Aber macht ja auch nichts. Einfach über den Gartenzaun an den Wegesrand kippen. Und weil es so einfach ist, kommt der Heckenschnitt auch gleich noch dazu. Macht ja nichts, ist ja nicht das eigene Grundstück, solange es nur hinter dem Grundstück unschön aussieht und stinkt, ist das ja egal. Hauptsache das eigene Grundstück ist ordentlich, adrett und penibel sauber.

Und aus dem Frühling wird Sommer und ach du Schreck, das haben sich doch tatsächlich ein paar Raupen am Strauch im Vorgarten vergriffen? Panik macht sich breit, die Nachbarn werden um Rat gefragt, was zu tun ist. Aber der erwünschte Rat zur chemischen Keule zu greifen bleibt aus. Stattdessen kommt "Das ist halt so, da werden nachher schöne Schmetterlinge raus, das ist eben Natur". Und das will man natürlich gar nicht hören, denn angefressene Blätter sehen ja gar nicht schön aus. Der Rat, die Raupen doch abzusammeln und umzusiedeln, ist auch nicht das Richtige. Dazu müssten diese "ekligen" Viecher ja angefasst werden. Das geht aber nun gar nicht …

Und dann kommt der Winter mit reichlich Schnee, nur wohin damit? Schnee, zumindest wenn er schmutzig ist, sieht "unschön" aus. Er muss daher weg, denn er stört ja die Idylle. Aber weil das eigene Grundstück dafür keinen Platz bietet und mit Schneehaufen natürlich auch unordentlich aussieht, wird er halt auf den Feldweg geschaufelt. Einfach über die Grundstücksgrenze. Macht ja nichts, bleiben ja Andere drin stecken oder legen sich auf die Nase. Hauptsache vor der eigenen Haustür ist gekehrt. Und jetzt wo der Frühling naht startet die Krötenwanderung. Haufenweise werden vor der Haustür auf der Straße und in der eigenen Einfahrt die Kröten überfahren, noch schlimmer sie hüpfen in der Dämmerung einfach herum, Iiiiih, wie eklig.

Aber Landleben ist doch soooo schön…. Oder vielleicht doch nicht?

— 17. Februar 2011
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