Italienische Verhältnisse

Den armen Silvio Berlusconi bedauert Tom Borg

Gleich nach der Verurteilung wetterte Silvio Berlusconi gegen die Richter, die er als kommunistisch beschimpfte. Dabei hat Silvio Berlusconi gar nicht mal so unrecht. Wäre Italien wirklich gerecht, so hätte er wohl die meiste Zeit der letzten 20 Jahre nicht in einer Regierung, sondern im Gefängnis verbracht.

Silvio Berlusconi wurde in letzter Instanz als Steuerbetrüger verurteilt. Endlich möchte man ausrufen. Denn Skandale und Verdächtigungen gab es über die Jahr mehr als dem Land gut tat. Und Silvio Berlusconi tat als Regierungschef alles, das ihm gut tut. Er änderte so manches Gesetz so, dass es rein zufällig ihm zu Gute kam. Nun hat es ihn doch erwischt. Und er tut alles, um der Welt zu zeigen, dass die Welt Recht hat mit der boshaften Behauptung: Italien sei der Flecken der Erde auf dem Korruption und Mafia sich einen eigenen Staat geschaffen hätten.

Gleich nach der Verurteilung wetterte Silvio Berlusconi gegen die Richter, die er als kommunistisch beschimpfte. "Dieses Land ist nicht gerecht" meinte er in einer eigens produzierten TV-Ansprache und zeigt damit, dass es gut ist, eigene Medien und TV-Anstalten zu besitzen. Am späten Donnerstagabend erschien ein verbitterter alter Mann auf den italienischen Fernsehbildschirmen. "Am Ende meiner Karriere wird der 20-jährige Einsatz für dieses Land mit Beschuldigungen und einem Urteil belohnt, das jeder Grundlage entbehrt", schimpfte der Cavaliere voller Selbstmitleid. "Dieses Land ist nicht gerecht."

Dabei hat Silvio Berlusconi gar nicht mal so unrecht. Wäre Italien gerecht, so hätte er wohl die meiste Zeit der letzten 20 Jahre nicht in der Regierung, sondern im Gefängnis verbracht. "Niemand kann die Gewaltattacke verstehen, die mir mit einer Reihe von Prozessen und Anklagen beschert wurde", meinte der ehemalige Regierungschef in seiner TV-Ansprache. Tatsächlich nicht verstehen kann der Rest der Menschheit, warum Berlusconi nicht schon frühe verurteilt wurde. Doch das ist sicherlich leicht zu erklären - und seine Anhänger demonstrieren gerade, wie so etwas passieren kann: Abgeordnete und Minister seiner Partei drohen einfach mit Rücktritt, was das Aus für die mühsam zusammengeschusterte Regierung bedeuten würde. Das Schicksal eines ganzes Land wird einfach als Geisel genommen.

Dabei muss Berlusconi trotz der Verurteilung gar nicht ins Gefängnis. Denn drei der vier Jahre werden ihm nach einem Gesetz von 2006 erlassen, einem Gesetz an dem er selbst nicht ganz unbeteiligt war. Den Rest kann er aus Altersgründen in Sozialstunden ableisten oder in Form von Hausarrest in einer seiner Luxusvillen. Wenn er Glück hat, darf er sogar seinen Diplomatenpass als früherer Regierungschef behalten. Was will man als (endlich) verurteilter Steuerbetrüger mehr…?

Italien freilich ist - wieder einmal - der große Verlierer in der Berlusconi-Show. Das Land, vertreten durch Berlusconis politische Anhänger, zeigt vor der gesamten Weltöffentlichkeit, dass Werte wie Gerechtigkeit, Verantwortung und Nationalwohl nichts zählen, zumindest nicht im Vergleich zur persönlichen Bereicherung einzelner.

Diese Polit-Show kommt vielleicht gerade noch rechtzeitig. Denn Italien mit seiner wackeligen Wirtschaft und den hohen Staatsschulden könnte in die Verlegenheit kommen, unter den ESM Rettungsschirm kriechen zu müssen. Da hätte der nationale Wohltäter Silvio Berlusconi ausreichend Gelegenheit, seinen Sinn für das Gemeinwohl zu zeigen, indem er seine - ergaunerten? - Milliarden zum Wohle seines Landes zur Verfügung stellt. Aber ich wette, dann kommt das nächste TV-Ansprachen-Gewitter, wenn es jemand wagt, auch nur einen Cent seiner - aus welchen Quellen und mit welchen Mitteln auch immer - zusammengerafften Euros antastet. Armer Berlusconi, alle hacken nur auf ihm herum; dabei wollte er doch nur das Leben aus vollen Zügen genießen und von Volk und Weltöffentlichkeit die verdienten Schmeicheleinheiten für sein Ego erhalten. Eine wahrlich gemeine Welt, die ihn dabei an Gesetze erinnert…

— 03. August 2013
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