Politische Satire

Ein schwammiger Begriff für Hau-drauf-Aktion, meint Tom Borg

Satire! Was muss dieses Wort inzwischen nicht alles aushalten! Gegen etwas Spott ist ja nichts einzuwenden; wer sich in die Öffentlichkeit begibt oder ein öffentliches Amt anstrebt, der muss damit leben. Aber inzwischen schlägt das Pendel längst in die andere Richtung aus, wird aus Spott mehr und öfter Verunglimpfung.

Peer Steinbrück tut als würde er die Welt nicht mehr verstehen: "Erst beschweren sich einige über einen angeblich lahmen Wahlkampf. Dann gibt es dank Klaus Staeck etwas politische Satire und es erregen sich dieselben Gemüter", erklärt der Kanzlerkandidat auf seiner Webseite.

Dabei ist die Postkartenaktion der Jusos, die Bayern-Präsident Uli Hoeneß mit dem Thema Steuerbetrug und Angela Merkel zusammen rechtsstaatlich betrachtet alles andere als astrein. Denn ganz abgesehen von den Grundsätzen der Fairness im Sport wird hier das mögliche Fehlverhalten einer Privatpersonen aufgegriffen, bevor ein Gericht rechtskräftig entschieden hat. Zudem wird in aller Öffentlichkeit Angela Merkel Korruption und Amtsmissbrauch unterstellt. Oder wie soll man den Satz "Glückwunsch Uli! Wir Steuern das schon." sonst verstehen?

Satire? Mitnichten! In einer Welt, in der neben CSU-Abgeordnete auch SPD-Politiker kräftig in Bayerns Landeskasse gelangt haben, ist es alles andere als selbstverständlich, dass jeder Bürger sofort erkennt, dass hier mit Satire gespielt wird. Eher das Gegenteil ist der Fall. Es würde wohl kaum einen Bürger ernsthaft überraschen, wenn es genau so käme und Uli Hoeneß milde davon käme während jeder, der einmal im Parkverbot ein Knöllchen bekam, vom Staat gejagt wird, bis auch der letzte Cent bezahlt ist.

Vielleicht sollte man dem Mann, der dieses Land regieren möchte, einmal erklären, wo er wohnt und welches Jahr wir schreiben? In Zeiten der NSA- und BND-Schnüffelei, täglichen Berichten über Steuergeldverschwendung und Mollath-Justizskandal ist dieses Land weit davon entfernt, die Postkarte sofort als Satire zu erkennen!

Überhaupt, Satire! Was muss dieses Wort inzwischen nicht alles aushalten! Gegen etwas Spott ist ja nichts einzuwenden; wer sich in die Öffentlichkeit begibt oder ein öffentliches Amt anstrebt, der muss damit leben. Aber inzwischen schlägt das Pendel längst in die andere Richtung aus, wird aus Spott mehr und öfter Verunglimpfung. Natürlich nur, wenn es den Mächtigen und Richtern in den Kram passt. Würde ich Hitler, Schwule, Lesben, Juden oder Behinderte zum Thema einer Satire machen, hätte ich schneller Anzeigen am Hals als ich den Artikel online stellen könnte. Satire ist für die meisten nur dann Satire, wenn auf einen genehmen Gegner eingeprügelt wird.

Aber diesmal schütteln selbst Sozialdemokraten den Kopf und der Slogan "Es ist Wahlkampf!" zieht auch nicht immer, selbst wenn kürzlich Gerichte bestätigten, dass man im Wahlkampf durchaus auch mal unwahre Behauptungen in den Raum stellen darf. Und genau da liegt der Hase im Pfeffer. Die Postkartenaktion ist ein Sinnbild für die Hilflosigkeit der Politiker, die ihre eigenen Gedanken nicht mehr verständlich machen können, und die jetzt einfach wild verbal um sich hauen.

Lieber Herr Steinbrück: Satire hin, Polemik her - wir wollen nicht wissen, was die anderen falsch machen, sondern was Sie besser machen könnten - wenn Sie es denn dürften…!

Denn eines ist doch wohl klar: Würden wir die Archive nach Fehler, Skandälchen und Missbräuchen befragen, dann dürften die Wähler weder CDU noch CSU oder FDP bzw. SPD jemals wieder ein Amt in die Hand geben - also zumindest nicht in den nächsten 100 Jahren. Und das ist keine politische Satire, sondern politische Realität…!

— 26. August 2013
 Top