Selbstfahrendes Auto

Technologie als Chance. Von Tom Borg

Das Auto ist des Deutschen liebstes Spielzeug, dem allerdings das Handy bzw. Smartphone bald den Rang ablaufen dürfte. Treffen beide aufeinander, gibt es Probleme. Immer öfter verursachen telefonierende Autofahrer Unfälle. Selbststeuernde Fahrzeuge lassen sich nicht ablenken, sondern allenfalls hacken.

Zugegeben, nicht jede technologische Neuheit ist auch immer wirklich willkommen. Das gilt insbesondere beim Wettrennen um das selbstfahrende Auto der Zukunft. Dem sprichwörtlichen Manta-Fahrer der 1980er geht da doch ein Rad ab, wenn man ihm die Kontrolle über seinen geliebten fahrbaren Untersatz nimmt. Und doch hat die Vision vom selbstfahrenden Auto einen gewissen Charme.

Vielleicht macht es weniger Spaß und vielleicht macht das Auto auch Fahrfehler. Das selbstfahrende Auto beherrscht aber auf jeden Fall eine Disziplin, bei der wir Menschen kläglich scheitern: Es kann während der Fahrt grenzenlos kommunizieren und surfen während wir Menschen dabei Unfälle verursachen.

Die Strafverfahren stapeln sich inzwischen bei den Gerichten. Immer öfter verursachen telefonierende Autofahrer Unfälle. Der Paragraf 23 der Straßenverkehrsverordnung formulierte es schon immer sehr schwammig: "Wer ein Fahrzeug führt, darf ein Mobil- oder Autotelefon nicht benutzen, wenn hierfür das Mobiltelefon oder der Hörer des Mobiltelefons abgenommen oder gehalten werden muss. Dies gilt nicht, wenn das Fahrzeug steht und bei Kraftfahrzeugen der Motor ausgeschaltet ist."

Bereits diese Vorschrift war eigentlich schon immer unbrauchbar. Denn sie unterstellt, dass nur das Bedienen des Geräts den Fahrer ablenkt, nicht die Kommunikation selbst. Dass dies grober Unfug ist, weiß der Gesetzgeber selbst, denn warum sollte es sonst verboten sein, den Fahrer von Bussen während der Fahrt anzusprechen?

Ein intensives Gespräch zu führen und dabei auch noch voll konzentriert auf den Verkehr zu achten, ist wohl definitiv nicht möglich. Man müsste schon alleine über einen großen leeren Parkplatz fahren, wenn das klappen sollte. Wer sich auf ein Telefongespräch konzentriert ist automatisch abgelenkt. Und wer abgelenkt Auto fährt, der nimmt billigend in Kauf, dass er Unfälle mit schweren bis tödlichen Folgen verursacht. Damit ist der Tatbestand des Mordes erfüllt. Darüber gibt es eigentlich keine Diskussion.

Keine Ablenkung beim Fahren

Während des Steuerns eines Fahrzeugs sollten Telefone - egal ob mobile oder herkömmliche Autotelefone - grundsätzlich abgeschaltet sein. Denn wäre es nicht gefährlich, dann sollte es auch Busfahrern, Zugführern und Piloten gestattet sein, munter drauflos zu telefonieren. Schließlich sind das ausgebildete Profis, die den Job tagtäglich machen. Wenn also jemand risikolos telefonieren und fahren gleichzeitig bewerkstelligen könnte, dann sollten sie es sein. Aber ausgerechnete diese Berufsfahrer dürfen es nicht, weil es zu gefährlich ist. Oder wie würden Sie reagieren, wenn Ihr Busfahrer oder Flugzeugpilot mit einer Hand steuert und mit der anderen eine SMS schreibt…?

Dabei ist strenggenommen das Telefonieren nur eine erweiterte Form der grundsätzlichen Gefahr. Schon so mancher Unfall wurde ausgelöst durch einen heftigen Streit zwischen Fahrer und Beifahrer. Zwangsläufig lenken Gespräche mit den Mitfahrern den Fahrzeugführer ab. So wie es auch Musik tut, wenn man fröhlich mitsingt, im Takt mit dem Fingern aufs Lenkrad tippt oder gar mit der Musik in Erinnerungen schwelgt. Rockmusik soll laut Studien sogar dazu verführen, aggressiver zu fahren.

Doch was folgern wir daraus? Dürfen wir nur noch mit einem Schweigegelübde ins Auto steigen? Nein, natürlich nicht. Aber es wäre ein guter Anfang, wenn man sich klarmacht und akzeptiert, dass man ganz bewusst den Tod anderer Menschen in Kauf nimmt, wenn man infolge Ablenkung oder mangels Konzentration - Stichwort: Übermüdung - einen Unfall versucht. Denn das fällt nicht unter die Kategorie "Shit happens" sondern unter "Sch… drauf". Es wird stillschweigend akzeptiert indem man es einfach tut oder erst gar nicht weiter darüber nachdenkt.

Dafür muss es selbstverständlich drakonische Strafen geben. Wer auf der Autobahn telefoniert, der nimmt den Tod anderer genauso billigend in Kauf wie der Drängler, der bei Tempo 180 andere Fahrzeuge zur Seite zwingt.

Auto fahr dich selbst

Es ist eine Frage der sozialen Verantwortung, dies alles zu unterlassen. Doch das fällt uns schwer. Wir fühlen uns bevormundest, in unseren Rechten eingeschränkt. Wir beschimpfen die anderen als Miesepeter, die uns den Spaß am Leben verbieten wollen. Das gilt vor allem und besonders im Straßenverkehr. Das Auto ist nun einmal des Deutschen liebstes Spielzeug, dem allerdings das Handy bzw. Smartphone bald den Rang ablaufen dürfte. Treffen jedoch beide aufeinander, gibt es Probleme.

Da kommt das selbstfahrende Auto gerade recht. Kann es doch die Kontrolle über sich selbst übernehmen, während der Fahrer in Ruhe telefonieren, surfen, spielen oder einfach ausschlafen kann. Das wiederum Empfinden viele aber als eine technische Spaßbremse. Man kann wohl davon ausgehen, dass viele Autofahrer, vor allem private, den Selbstfahrmodus ausschalten werden.

Somit hilft vermutlich nur eine technische Lösung, die automatisch ein Mobilgerät in den "Driving Mode" versetzen und damit deaktiviert, solange das Auto fährt. Das würde jedoch auch die Geräte der Beifahrer blockieren, was diese wiederum ablehnen würden. Doch wie soll ein Auto oder gar das Handy selbst wissen, ob es nun vom Fahrer oder dem Beifahrer bedient wird?

Da wir mobiles Telefonieren und Surfen wohl nicht mehr werden abschaffen können und wollen und der Mensch als solcher unbelehrbar ist, bleibt als einzig erfolgversprechende Lösung, das Selbststeuern eines Fahrzeugs grundsätzlich abzuschaffen und nur noch Fahrzeuge für den Straßenverkehr zuzulassen, die sich selbst steuern. Die lassen sich dann nicht ablenken, sondern allenfalls hacken. Ob wir damit dann vom Regen in die Traufe kommen, das steht wiederum auf einem anderen Blatt. Doch einen Versuch wäre es wert. Denn in der Zukunft wird es eher mehr Verkehr geben, da ein vermehrter Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel kaum zu erwarten ist. Das Auto ist und bleibt des Deutschen liebstes Spielzeug. Leider eines, das jedes Jahr Tausende von Tote und Verletzte verursacht.

— 02. Dezember 2015
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