Giuseppe Tomasi di Lampedusa über Dauer

  • Wenn wir wollen, daß alles so bleibt, wie es ist, dann ist es nötig, daß sich alles verändert.

Giuseppe Tomasi di Lampedusa

italienischer Schriftsteller

* 23.12.1896 Palermo (Italien)
† 23.07.1957

Gedanken von Christa Schyboll zum Zitat

Heraklit gab der Menschheit mit auf den Weg: Alles fließt – Panta rhei. Das bedeutet, alles und jedes ist im Fluss der Veränderung. Menschen hängen häufig am Liebgewonnenen, an der Gewohnheit oder Tradition und möchten gar nicht immer, dass sich alles verändert. Denn Veränderungen bringen oftmals auch Unsicherheiten und Unruhe mit sich. Vielleicht auch neue Anforderungen, die neue Talente erfordern oder mehr Kräfte. Das kann anstrengend werden. Und manch einer mag sich fragen, ob er nicht schon lange genug um dieses oder jenes gekämpft hat, um es dann schon wieder durch eine neue unvermeidliche Veränderung zu verlieren.

Tomasi di Lampedusa gibt uns mit seinem Sprichwort ein schwieriges Rätsel auf, das nicht nur zu verstehen, sondern auch zu leben ist. Es ist eine Art Koan, eine scheinbare Paradoxie, die uns in ein inneres Dilemma treiben kann. Nichtveränderung durch Veränderung steht dann zugleich auf der Tagesordnung.

Warum aber bleibt nicht alles, wie es ist, wenn sich nichts verändert? Es ist deshalb nicht möglich, weil Veränderung selbst ohne unser Zutun geschieht. Es ist eine Art Naturgesetz, dass es gar keine Stagnation geben kann. Eine Frage jedoch stellt sich immer wieder neu: Kann die gegebene Situation der Veränderung vom Menschen beeinflusst werden oder eben nicht. Denn sehr vieles, was passiert, ist in unsere Mit-Verantwortung gestellt. Wir dürfen vieles auch steuern oder umleiten. Wir können prophylaktisch handeln oder unsere geschenkten Chancen verpassen. Die Entscheidungs- und Willenskräfte sind dann ebenso gefragt, wie das Maß der Verantwortung, dass wir individuell in uns schon erspüren. Manchmal ist es segensreich, dass der Mensch nicht in alles eingreifen kann. Beispielsweise in kosmische Geschehen. Aber andererseits ist uns viel Schicksalhaftes auch in die Hände gelegt, das uns zur Pflicht gemacht ist. Insofern haben wir Menschen es selbst häufig in der Hand zu entscheiden, ob wir das Unvermeidliche einer zwangsläufigen Veränderung einfach laufen zu lassen oder ob wir es bewusst und gewollt steuern und meistern lernen wollen.

Begreifen wir in diesem Spiel des ewigen Stirb und Werdens unsere eigene Rolle tiefer als bisher, so ist es unerlässlich, dass wir uns selbst auch mit den Ereignissen verändern, dass wir uns aber nicht beliebig treiben lassen, sondern der Veränderung im Rahmen unserer Möglichkeiten auch eine gesunde Struktur verleihen.

Veränderung kann heftig und schnell geschehen. Sie kann sich aber auch in für uns Menschen kaum merkbaren Schritten vollziehen. Einzig, was sie nicht kann, ist Stagnation. Selbst dann, wenn es danach aussieht. So braucht auch vieles Liebgewonnene, was wir gerne behalten möchten, unverzichtbar die Veränderung, damit wir es auf neue Weise erhalten, weil es sonst nicht überlebensfähig ist.

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