Biographie

Lebensabschluß

Nachdem Jakob Lorber in dieser emsigen Weise das sechzigste Lebensjahr überschritten hatte, begannen seine körperlichen Kräfte, während die geistigen in ungeschwächter Tätigkeit fortwirkten, allmählich, wenn auch für seine Umgebung kaum merkbar, zu sinken. In den beiden letzten Jahren vor seinem Hinscheiden äußerte er immer häufiger Todesahnungen, achtete aber auf dieses Gefühl seiner Hinfälligkeit nicht und setzte seine gewohnte Lebensweise unverändert fort. Nur bemerkten seine Freunde an ihm eine erhöhte Reizbarkeit, das allmähliche Erlöschen seiner früheren, oft hinreißenden Heiterkeit und das Vorwalten einer sehr ernsten Seelenstimmung.

Seit dem Beginne des Jahres 1864 äußerte Lorber aber mit fester Überzeugung geradezu, er werde das Jahr 1865 nicht erleben. Bald darauf erkrankte er wirklich und mußte fortan drei Monate lang das Bett hüten.

War er vorher manchmal verdrossen und brach er manchmal auch über die Unsicherheit seiner Lebensverhältnisse in bittere Worte aus, so war er jetzt ein Muster von Geduld und frommer Ergebung. Und klagte er schon manchmal noch, so war es nun weniger eine Klage über seine eigenen Beschwerden, als über das allgemeine Schicksal der Menschheit. Dabei wiederholte er mit Humor gern einige Verse, die er einmal an einer Gartenmauer angeschrieben gefunden und im Gedächtnis behalten hatte:

Die Sonne geht auf und geht unter.
Und alles, was Tier heißt, ist munter.
Der Mensch nur, der Mensch ganz allein
empfindet des Lebens Mühe und Pein.

Aber auch während er auf das Krankenlager hingestreckt lag, blieb er immer noch fähig, einem oder dem andern seiner jungen Freund von Zeit zu Zeit manches Tiefsinnige in die Feder zu diktieren.

Beim Eintritte des Frühlings erholter er sich auch wieder allmählich, und man konnte wieder auf seine vollkommene Genesung hoffen, zumal er wieder sein Zimmer zu verlassen und sich im Freien zu ergehen vermochte. Er begann auch wieder in seine gewohnte Lebensweise einzulenken, erlangte aber nicht mehr seinen vorigen Gesundheitszustand, blieb vielmehr fortan schwach und behauptete immer entschiedener das Herannahen des Endes seiner irdischen Wanderschaft.

 Top