Biographie

Heimgang

Zwei Tage ehe dieses wirklich eintrat, befand er sich noch in einem Privathause, das er manchmal besuchte. Und die Hausfrau bereitete ihm ein Gericht, das für ihn eine Lieblingsspeise war. Er ließ es sich behaglich munden und sagte dann: "Das war sehr gut, aber in zwei Tagen lebe ich nicht mehr".

Man suchte ihm dies aus dem Sinn zu bringen, aber er blieb bei seiner Behauptung, die sich auch tatsächlich bewahrheitete.

Schon am nächsten Tage, als er nach seiner Mahlzeit nach Hause ging, befiel ihn auf der Straße ein plötzlicher Blutauswurf, den er aber doch so wenig ernst nahm, daß er abends noch seine gewöhnliche Gesellschaft besuchte.

Aber schon auf dem Heimwege überfiel ihn neuerlich ein heftiges Blutbrechen, das nicht mehr aufhörte, zumal Lorber bei seiner Heimkunft, um die Nachtruhe seiner Umgebung nicht zu stören, von dieser keine Hilfe in Anspruch nahm.

Am Morgen darauf fand man ihn angekleidet, mit dem Gesichte gegen die Wand gekehrt, im Bette liegen und das Bettzeug mit Blut bedeckt. Ein aus der Nähe herbeigeholter Arzt flößte ihm ein Medikament ein, erklärte aber jede menschliche Hilfe bereits für vergeblich.

Man schickte nun eilends in die nächste Pfarre, worauf bald ein Priester am Schmerzenslager des schwer Leidenden erschien. Da dieser aber bereits teilnahmslos dahinlag, fragte der Geistliche eine zur Pflege anwesende Anverwandte, ob Lorber wohl die Kirche besucht habe. Diese erwiderte darauf, daß dies wohl ohnehin bekannt sein müsse, da Lorber ja bei Hochämtern sogar oft auf dem Musikchore uneigennützig selbst mitgewirkt habe. Hierauf fragte der Geistliche die Verwandte noch ernstlich, ob sie es auf ihr Gewissen nehme, wenn er den Sterbenden mit den Sakramenten versehe. Nachdem sie dies unbedenklich bejaht hatte, verrichtete der Priester ohne weiteren Anstand sein kirchliches Amt und entfernte sich dann wieder.

Inzwischen hatte man den intimsten Freunden Lorbers die plötzlich eingetretene Gefahr seines nahen Ablebens melden lassen; aber ein heftiger Gewittersturm, welcher eben mit allem Ungestüm losgebrochen war, verzögerte etwas das Eintreffen der Herbeigerufenen. Lorber, welcher sich wieder etwas erholt hatte, ließ nun seine Lage im Bette verändern, indem er, der zehn Jahre lang mit den Füßen gegen Westen gekehrt der Nachtruhe gepflogen, sich in der Art betten ließ, daß nun sein Scheitel nach dieser Weltgegend gerichtet und sein Angesicht dem Sonnenaufgange zugewendet war.

Inzwischen waren die Freunde bei strömendem Regen herbeigeeilt, und unter ihnen auch sein befreundeter Hausarzt; aber Lorber vermochte das von ihm angeordnete Heilmittel nicht mehr zu nehmen. Er lag nun einige Zeit im Schmerze dahin, dann begann er plötzlich sich, wie ein Soldat, der sich richtet, gewaltig zu strecken, nahm eine wagrechte Rückenlage ein und das Angesicht dem Sonnenaufgange zugekehrt wurde er, während der Aufruhr der Natur außen mit Blitzen und Donnerschlägen tobte, vollkommen ruhig. - Jetzt trat die Agonie ein, und nach etwa einer Viertelstunde war der Knecht Gottes sanft entschlummert und sein längst einer höheren Welt angehöriger Geist in die ewige Heimat zurückgekehrt (24. August 1864).

Seine entseelte Hülle wurde unter zahlreicher Begleitung, die in dem Verblichenen freilich mehr dem vielbekannten Violinvirtuosen als dem ihnen fast unbekannten Theosophen die letzte Ehre erweisen wollte, auf dem Friedhofe zu St. Leonhard bei Graz zur Ruhe gelegt.

Einer seiner Freunde bezeichnete die Stätte, wo Lorbers Erdenhülle nun ruht, mit einem einfachen Denksteine, in dessen Vorderseite Name, Geburts- und Sterbetag des Hinübergegangenen sowie die tröstlichen Worte, die Paulus im achten Verse des 14. Kapitels einst an die Römer schrieb, eingemeißelt sind. In der Folge brachten dann mehrere Lorberfreunde das Eigentum dieser Grabstelle für immer an sich und ließen zu beiden Seiten des Gedächtnismales je eine Thuja pflanzen, deren deutscher Name "Baum des Lebens" bedeutungsvoll an die lebenweckende Sendung des seltenen Geistes erinnert, der hier sein Irdisches der Erde wiedererstattet hat.

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