Nur aus einem glücklichen Leben lässt sich eine so unerschütterlich optimistische Kunst erklären. Zwar ist Rubens, ich weiß es, der Sohn eines Verdächtigten. Nicht in Flandern, sondern zu Siegen in Westfalen ist er am 29. Juni 1577 geboren. Zu jener Zeit hatten in Antwerpen, das sein Vater Jan Rubens verlassen musste, die religiösen Kämpfe ihre grausamste Form angenommen und schließlich zu Plünderungen und Blutvergießen geführt. Der Herzog von Alba war dort mehr als irgendwo verhasst. Und an einem Tage, der der Rache günstig schien, stürzt man dort sein Standbild, und das getretene und geknechtete Volk vergisst seinen ganzen Schmerz in einem jähen Ausbruch der Freude und des zornig entfesselten Überschwangs.

Im Exil wird Jan Rubens der Ratgeber Wilhelms von Oranien. Da aber der Prinz fast immer abwesend ist, kommt es bald zwischen seinem Ratgeber und Anna von Sachsen, der Frau des Prinzen, zu ehebrecherischen Beziehungen. Ein Skandal bricht aus, und Jan Rubens wird zu Dillenburg gefangengesetzt. Mit Mühe gelingt es, sein Leben zu retten. Maria Pypelincx, seine Gattin, verlässt ihn nicht einen Augenblick. Als besonnene Frau, guten Herzens und voll praktischer Klugheit, wendet sie alles zur Befreiung ihres Mannes auf, und einen Brief, in dem er sich anklagt, ihrer unwürdig zu sein, beantwortet sie mit den Worten: »Ich dachte nicht, dass Ihr mich für so nachträgerisch hieltet. Wie dürfte ich die Strenge so weit treiben, um Euch zu betrüben, gerade jetzt, da Ihr in so großen Schwierigkeiten und Nöten seid und ich mein Leben opfern würde, um Euch daraus zu befreien ? Selbst wenn nicht all diesem Unglück eine so lange Zuneigung vorausgegangen wäre, dürfte ich nicht so viel Hass zeigen, dass er es mir unmöglich machen sollte, ein Vergehen gegen mich zu verzeihen.«

Dieser klare und gerechte Sinn, diese Klugheit in schwieriger Lage, dieses Vergessen und gleichzeitig dieses entschuldigende Besinnen eines Vergehens bilden einerseits den leichten, beweglichen Charakter Peter Paul Rubens', während anderseits die stürmische Sinnlichkeit des Vaters seinem Temperament die heiße Aufwallung, die Gewalt und den Rausch, einprägen. Anna von Sachsen war durchaus nicht einnehmend, und sicherlich war Jan Rubens mehr von seinem eigenen Verlangen verführt als von ihren Reizen. Auch sein Sohn liebt den weiblichen Körper, liebt die Frau bis in das Greisenalter und zeigt seine Sinnlichkeit überschwenglich und freudig sein ganzes Werk lang. Aber da er ein Künstler war, hat er niemals eine Anna von Sachsen gewählt.

Nach dem in Köln erfolgten Tode des Familienoberhauptes kehren seine Witwe und die Kinder am 7. Juni 1597 nach Antwerpen zurück. In der Rue du Couvent nehmen sie Wohnung. Peter Paul, noch zu jung, um irgendeine Beschäftigung auszuüben, wird zunächst Page bei Marguerite de Ligne, der Witwe des Grafen von Lalaing, die beide, die Lignes und die Lalaings, zu den ältesten Familien des Landes zählen. Peter Paul, der bereits mehrerer Sprachen kundig ist, gefällt sich anfangs ungemein in der neuen Umgebung, bald aber will er sich mit der echten Zähigkeit des Flamen freimachen, um auf eigene Faust sein Leben zu führen. Die Kunst beginnt ihn bereits zu locken. Seit seiner Kindheit schon zeichnet er, seit jener Zeit, da er die tausend Bilder in der Bibel des Tobias Stimmer kopierte. Und nun unterbreitet er die Entscheidung, Maler zu werden, nicht nur seiner Mutter, sondern auch dem von ihr versammelten Familienrat. Tobias Verhaegt wird sein erster Lehrer. Was Rubens von ihm lernte, ist unbekannt, denn Tobias Verhaegt ist ein Meister ohne Ruhm. Und auch Adam van Noort, der sein Nachfolger bei Rubens wurde, hatte vielleicht ebensowenig Einfluss auf seine Studien. Fromentin schreibt ihm, allerdings ohne zwingende Beweise, den Tribut des heiligen Peter in der Antwerpener Sankt-Paulskirche zu. Wenn van Noort wirklich dessen Schöpfer ist, so hätte er sich damit einen schönen Platz in der flämischen Schule erworben; denn man findet tatsächlich darin alle starken und vollrealistischen Qualitäten wieder, die man in den Bildern eines Jordaens sich zu bewundern freut. Als Mensch aber war Adam van Noort, wie es scheint, brutal, ein Trunkenbold und gemeiner Charakter, und Rubens verlässt ihn schon nach einigen Lehrstunden.

Der nächste, Otto van Veen, Otho Vaenius genannt, der, zu Leiden geboren, in Antwerpen seine Wohnstätte nahm, gehört zur Gruppe der Romanisten, und der Unterricht, den er Rubens gab, war von feinerer Art und so ungleich bedeutungsvoller als der eines Tobias Verhaegt oder Adam van Noort. Otho Vaenius war der Vertraute des Herzogs von Parma, der ihn zum obersten Baumeister der öffentlichen Gebäude ernannte, und überdies der Maler des spanischen Hofes. Er war Gesellschaftsmensch, wohlunterrichtet, kultiviert und elegant und war in Deutschland und Italien gereist. In diesen äußeren Ähnlichkeiten mussten Meister und Schüler sich verstehen. Sie waren beide zartere Naturen.

Dennoch ist es ebensowenig wie bei Tobias Verhaegt oder Adam van Noort möglich, den Einfluss des Vaenius auf Rubens zu bestimmen; denn all die Werke, die der letztere während seiner Jugend schuf, sind verloren oder ihm mit Unrecht zugeschrieben. Immerhin, es wäre denkbar, dass dieser letzte Meister Rubens die entscheidenden Anregungen gab, indem er ihm mit Geschmack und Verständnis von den italienischen Neuerungen sprach. Er war es, der in ihm das Verlangen entfachte, hinüber jenseits der Alpen zu gehen, dort von der großen Quelle der neuen Schönheit zu trinken und seinen Blick mit den unerwarteten und wundervollen Visionen dieser andern Welt zu erfüllen.

Das 1 6. Jahrhundert neigt damals seinem Ende zu. Der Erzherzog Albert, der Schwiegersohn des Königs von Spanien, wird Gouverneur der Niederlande. Rubens ist zu jener Zeit nur der Schüler Otto van Veens; aber so groß ist schon die Hoffnung, die man in ihn setzt, dass er zum Vorstand der Gilde von Sankt Lukas ernannt und dem Statthalter vorgestellt wird. Dieser versieht ihn mit Empfehlungsbriefen an mehrere italienische Prinzen; denn es ist nun beschlossene Sache, dass Rubens zum Studium der florentiner und venezianischen Kunst nach Italien gehe. Am 9. Mai 1600 steigt er zu Pferd und macht sich auf den Weg, beginnt jenen wundervollen Ritt durch Frankreich und die Schweiz, im heißen Herzen den großen Konquistadorentraum der Kunst. Von nun an führt ihn sein Schicksal von Hof zu Hof, unter die Großen und Prinzen, mitten zwischen die Intrigen und diplomatischen Wirrnisse; aber bis zu dem Augenblicke seiner Rückkehr nach Flandern bleibt ihm das Glück, immer zu siegen und die tausend Gelegenheiten der Ungunst und Missgunst triumphierend zu überwinden, unabänderlich treu. Sein erster Aufenthalt ist Venedig. Bald hat er dort, dank der Freundschaft und des Interesses, das einer der Offiziere des Herzogs von Mantua ihm entgegenbringt, Zutritt zum Hofe dieses Fürsten, bei dem er dann heimisch wird. Der erste Gonzaga ist damals 28 Jahre alt, Dilettant und Mäzen. Er hat Tasso aus seinem Gefängnis befreit, steht mit Galilei in Briefwechsel und nimmt Monteverdi zum Meister seiner Kapelle. Sein Hof ist an geistiger Kultur den schönsten Italiens ebenbürtig. Liebe, Leidenschaft, fieberhafte Lebensglut brennen dort in wilden Flammen, die Eleganz und das Raffinement verdecken gut die Tyrannei und Gewaltherrschaft. Es ist viel Feinheit, manchmal sogar Verschlagenheit vonnöten, um sich in der Gunst eines solchen Herrn zu erhalten. Rubens weiß sich immer fehllos zu betragen. Er ist ein guter Sprecher, seine Gesten sind voll Geschmack, er beherrscht fünf Sprachen, interessiert sich für alles. Seine Gestalt ist sicher und stark; er ist Plebejer, sicherlich, aber doch von geschmeidigerem Takt als die Aristokraten. Wo immer er ist, weiß er das Milieu, an dem er teilnimmt, zu steigern und zu erheben. Er kennt sich in der Welt aus, in der er lebt, aber auch ebenso in der bürgerlichen und künstlerischen. Er durchschaut die Menschen und ist geschaffen, sie zu beherrschen, was übrigens im weitern Verlauf seines Lebens immer sichtbarer wird.

Über seine Abenteuer am Hofe zu Mantua ist nichts bekannt und doch kaum zweifelhaft, dass der sinnliche und heiße Mensch, der er sein ganzes Leben war, damals mit 30 Jahren zu irgendwelchen klugen und schönen Frauen jenes Italiens der Renaissance, das von Boccaccios Geist beherrscht war, in Beziehungen gestanden habe. Dazu verpflichtete ihn sein Temperament. Übrigens hat ihn damals Gonzaga immer unendlich mehr als Hofmann denn als Maler geschätzt. Er ahnte durchaus nicht das Genie an seiner Seite und verwendete Rubens fast nur als Kopisten. Nie hat dieser sich dagegen aufgelehnt. Er kopierte ohne Unterlass die großen Meister und wurde dessen niemals müde. Seine Klugheit oder vielleicht sogar seine geheime Schlauheit liebte es, sich selbst lange als Schüler zu betrachten, um sich dann um so sicherer als Meister zu bekunden. Hier, in dieser ganzen erstaunlichen Geschicklichkeit, zeigt sich der praktische, beharrliche, steifnackige und sogar beschränkte Flamländer, der aber ganz genau weiß, wohin er will und was für diesen Weg vonnöten ist. Er verachtet einen Stolz, der schlecht am Platze gewesen wäre, und gestattet sich es nie, empfindlich zu sein. Stillschweigend oder unter der Maske einer unentwegt guten Laune sammelt und konzentriert er seine Kraft. Immer mehr schenkt ihm Gonzaga sein Vertrauen. Gezwungen, Mantua zu verlassen, um die Türken zu bekämpfen, sendet er Rubens nach Rom, damit er dort unter den Meisterwerken einige wähle, um sie nachzubilden oder nach Mantua zu bringen. Das Leben in Rom, in das der Kardinal Montalto ihn einführt, ist kostspielig, und Gonzaga, mit seinem Kriege beschäftigt, hält nicht immer mit äußerster Peinlichkeit die Auszahlung der bedungenen Pension ein. Aber Rubens hütet sich, dringlich und unangenehm zu werden. Er versteht es, sich den Umständen anzupassen, und tut es um so mehr, als er eben vom Erzherzog Albrecht, seinem fernen Protektor, einen großen Auftrag erhalten hat. Man wünscht von ihm ein Triptychon für die Kapelle der heiligen Helena in der Kirche Santa Croce di Gerusalemme. Schon aus den Niederlanden beginnt man damals eigene Werke von ihm zu wollen.

Plötzlich beruft Gonzaga Rubens nach Mantua zurück. Er fürchtet Spanien und will seine Staaten gegen die habgierigen Absichten Philipps III. schützen. Um sich die gute Gesinnung dieses Königs zu sichern und seine Feindseligkeiten abzuwenden, sendet er ihm eine Kollektion von Bildern sowie auch Pferde, Waffen, Karossen und Parfüme. Dem Herzog von Lerma, dem ersten Minister des Königs, spendet er Silbervasen, und niemand wird vergessen, weder die Schwester des Herzogs noch der Staatssekretär der auswärtigen Angelegenheiten. Ein kunstverständiger Mann ist vonnöten, aber auch gleichzeitig ein Menschenkenner, um mit gewählten Worten diese Geschenke jedem zu überbringen und gleichzeitig die Wirkung auf die Empfänger zu erproben. Es legt Zeugnis ab für die gewichtige Stellung, die sich Peter Paul Rubens in Mantua - ohne prunkvollen Titel zwar und ohne ererbten Adelsklang - erworben hatte, dass Gonzaga gerade ihn für eine so vertrauliche und eigentlich schon staatsmännische Mission erwählte. Die Beförderung dieser Sendungen bot vielfache Schwierigkeiten und peinliche Überraschungen. Man hatte sie, wie es scheint, über Livorno statt über Genua gesandt, und die Kosten dieses Weges waren bedeutender als die ursprünglich vorgesehenen. Endlich, nach tausend Schwierigkeiten, erreicht die Sendung Alicante und weiterhin Madrid und Valladolid. Beim Öffnen der Kisten zeigt sich, dass die meisten Bilder beschädigt sind, und Hannibal Iberti, der Vertreter Gonzagas in Spanien, wünscht, dass Rubens sich spanische Künstler zu Hilfe nehme, um die Werke wieder zu restaurieren. Rubens lehnt dies ab und übernimmt die Verantwortlichkeit, alles selbst wiederherzustellen. Iberti gibt zwar seine Zustimmung, doch wird seine üble Meinung bald offenkundig; denn bei der Übergabe der Bilder an König Philipp verabsäumt er, Rubens dem Herrscher vorzustellen. Rubens beklagt sich darüber in einem Brief, aber ohne Erbitterung und beinahe scherzend. Am nächsten Tage werden die Bilder dem Herzog von Lerma überreicht, und der Herzog gerät in Begeisterung. Blendend steigt Rubens' guter Stern empor, der ganze Hof hat für ihn nur Lob und Schmeichelei. Selbst Iberti ist bezwungen und schreibt an Gonzaga, dass die von Rubens wiederhergestellten Werke nun »viel vollendeter erschienen als zuvor«.

Dieser sein Erfolg, und man darf wohl schon sagen: Triumph, berauscht aber Rubens durchaus nicht. Er hätte jetzt vielleicht Gelegenheit, sich an Iberti zu rächen, aber er denkt nicht einen Augenblick daran. Doch sein Selbstvertrauen hat sich gestählt, er kann nicht umhin zu lächeln, als er Maler wie Carducho und Manuel die königlichen Paläste ausschmücken sieht. Der Herzog von Lerma gibt ihm Auftrag, einige Szenen des Evangeliums darzustellen und ein Reiterbild zu malen. Iberti schreibt an Gonzaga, dass Rubens in wundervollster Weise diese Werke ausgeführt habe.

Man kann wohl behaupten, dass dort in Spanien der große Flame zum erstenmal im Sinne jener inneren Bestimmung, die ihm bald klar werden sollte, gehandelt hat. Nun erst beginnt er zu begreifen, wer er ist; er hört das Herz seiner eigenen Kraft schlagen, er hört es und will, dass auch die andern es nun vernehmen. Zum ersten Male sträubt er sich, als der Hof Heinrichs IV. ihn gewinnen will, die Porträts der Ehrendamen zu malen, und selbst, als sein Herr Gonzaga ihm eine Arbeit zuweist, die er seiner Kunst unwürdig findet. Dies hindert aber nicht, dass ihm bei seiner Rückkunft nach Mantua der Herzog seine Stellung, die damals vierhundert Dukaten, vierteljährlich zu bezahlen, betrug, erneuert und ihm sofort die Ausschmückung eines Altars in der Dreifaltigkeitskirche zuweist. Dennoch bleibt es Rubens' Traum, nach Rom zurückzukehren; sein Bruder Philipp leitet dort die Erziehung der Kinder des Präsidenten Richardo, und der Kampf zwischen Carracci und Caravaggio interessiert ihn dort aufs lebhafteste. Gonzaga beauftragt seinen Hofmaler, von jedem dieser beiden neuen Meister ein Bild zu kaufen, und Rubens reist zu Ende des Jahres 1605 nach Rom. Nur mit Mühe vermag er dort seinen Rang nach außen zu wahren, denn die Geldsendungen des Herzogs bleiben häufig aus. Es scheint, dass Gonzaga seinen Schützling sofort vergisst, sobald er ihn nicht täglich an seiner Seite sieht. Aber Rubens weiß sich selbst Hilfsquellen zu schaffen. Dank dem Kardinal Borghese wird er gewählt, den Hauptaltar von Santa Maria in Vallicella auszuschmücken, obwohl die ersten italienischen Künstler sich um diesen Auftrag beworben hatten. Diese Kirche, die er zu schmücken berufen ward, ist das besuchteste aller römischen Gotteshäuser, und sein Name steht plötzlich im Vordergrunde der Öffentlichkeit. So gelingt es diesem geschickten, hartnäckigen, wundervollen Flamen nach sechs Jahren seines italienischen Aufenthalts, sich in der Hauptstadt der Welt zur Geltung zu bringen. Als Schüler, als Kopist war er gekommen und hatte sich ohne Lärm und Anstoß einen Platz am Hofe zu Mantua erobert, wo ein launenhafter, genießerischer, trüber, leidenschaftlicher und selbst widersinniger Herrscher gebot. Er hat eine nicht leichte Sendung in Spanien ehrenvoll erledigt, Madrid und den Hof durch seine Kunst erstaunt und erobert, Gonzaga Widerstand geleistet, sobald es notwendig war, und die verschiedenen Schwierigkeiten haben ihm nun eine solche Stellung gewonnen, dass sein Herr sich nur ungern von ihm trennen will und sich gar nicht bemüht, seine lebhafte Genugtuung, ihn an seinem Hofe zu haben, zu verbergen. Gonzaga antwortet damals dem Erzherzog Albert, der von ihm Urlaub für Rubens erbittet: »Seit einigen Jahren dient Peter Paul Rubens, der flämische Maler, zu meiner vollkommenen Befriedigung und auch der seinen, und ich kann nicht glauben, dass er daran denkt, einen Dienst aufzugeben, der ihn vollkommen zu befriedigen scheint.« Das Einvernehmen ist vollständig, und doch darf man vermuten, dass zu jener Zeit dem Fürsten mehr an dem Künstler gelegen war als diesem an dem Fürsten. Rubens ist nun als Künstler und als Mensch vollkommen ausgebildet. Und in jemandes Dienste, und sei es auch in dem eines Königs oder Prinzen, zu stehen, musste schon schwer auf seiner Natur, seiner flämischen freien Natur lasten. Die andern hatten sich seiner bedient und er sich ihrer bis zu dem Augenblicke, wo er fühlt, dass seine eigene Kraft ihm genügt. Immer kühler werden seine Beziehungen zu Gonzaga, und Vorwände geben ihnen bald die Ursache zur endgültigen Trennung. Gonzaga zeigt sich nicht geneigt, ein ihm von Rubens angebotenes Bild zu erwerben; er begibt sich nach den Niederlanden, ohne seinen Maler mitzunehmen. Immer gespannter werden -gewiß nicht unerwünschterweise für Rubens - ihre Beziehungen. Endlich, am 26. Oktober 1608, empfängt er einen Brief mit der Mitteilung, dass seine Mutter schwer erkrankt sei. Gonzaga ist abwesend, und Rubens denkt nicht daran, seine Rückkehr abzuwarten. Er macht sich auf den Weg, aber voll Höflichkeit und Respekt schreibt er noch an Chieppio, den Intendanten des Herzogs, damit ihn dieser bei ihrem gemeinsamen Herrn entschuldige. Die Trennung vollzieht sich in ausgezeichneten Formen: »Meine Mutter ist dermaßen an Asthma erkrankt, dass in Betracht ihrer 72 Jahre kein anderes Ende zu erwarten ist als das uns allen gemeinsame. Ich bitte Eure Hoheit, dieses mein Unglück dem erlauchten Herrn mitteilen zu wollen und mich zu entschuldigen, dass ich, um Zeit zu gewinnen, mich nicht mehr nach Mantua begebe, sondern den kürzesten Weg in aller Eile nehme.«

So kehrt Rubens nach Antwerpen zurück, um Mantua nie wieder zu betreten.

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