Der erste Augenblick völliger Vernichtung ist leichter zu ertragen, als das weiterschreitende Leben. Des Schmerzes Majestät giebt dir Ruhe, während ein unbedeutender Gegenstand, ein Wort, eine Bewegung dich schreien machen könnten.

Wenn man versteht, daß man mit seinem Schmerze den ganzen Rest seines Daseins leben muß, dann kommt die Auflehnung wider ihn.

Der Schmerz verleiht höchste, königliche Würde; es ist oftmals schwer, von diesem Piedestal in den Schatten herabzusteigen.

Wenn alle Religionen vernachlässigt sein werden, so bleibt noch der Friedhof als letzte Kirche.

Keiner darf den Selbstmörder richten, da er weder sein Leiden noch das Maß seiner Kraft gekannt.

Wenig starkfühlende Naturen giebt es, die nicht wenigstens einmal in ihrem Leben an Selbstmord gedacht.

Die Begräbnißverweigerung hat noch nie den Selbstmord verhindert, wohl aber das Leid der Hinterbliebenen vergrößert.

Eine Enttäuschung ist wie ein erfrorenes Glied. Man wird nur langsam gesund und leidet immer daran.

Enttäusche weder einen Armen, noch ein Kind, noch ein Thier. Sie sind wehrlos, hoffnungslos; für sie giebt es kein Morgen.

Enttäuschung ist wie ein Garten, der Wüste wird, eine warme Quelle, die zu Eis erstarrt, ein lächelndes Gesicht, das plötzlich sich verdüstert.

Enttäuschung ist ermüdend, weil ihr des Kampfes Stachel fehlt; es ist ein Lebensstillstand.

Man kann sich dergestalt an Enttäuschungen gewöhnen, daß man das Wünschen verlernt.

Für den, der Enttäuschung kennt, giebt es keine Vorfreude mehr, die Erinnerung allein bleibt übrig.

Körperschmerz kann einen Grad erreichen, der zur Wollust wird und wo man ihn kaum noch fühlt. So kann man die Märtyrer verstehen.

Die Schmerzen sind die Stacheln in schwerer Krankheit, die zum Kampf und zum Leben zurückrufen.

Oft sehnt man eine Krankheit herbei, um Ruhe zu finden, und wenn sie endlich kommt, fürchtet man, zu rasch geheilt und einem unerträglichen Dasein zurückgegeben zu werden.

Das Leiden ist unser treuster Freund. Es kommt immer wieder. Es ändert nur manchmal sein Kleid und sogar sein Antlitz; aber wir erkennen es sofort an seiner vertrauten Umarmung.

Das Leiden ist ein schwerer Pflug, von eiserner Hand geführt. Je widerspenstiger und unfruchtbarer der Boden, desto mehr wird er zerrissen, je reifer der Boden, desto tiefer senkt der Pflug sich ein.

Klage nicht, daß du leiden mußt; denn du lernst zu helfen.

In der Jugend ist der Schmerz wie ein Orkan, und du bleibst krank zurück; im reifen Alter ist er ein Nordwind, der deinem Antlitz eine Falte und deinem Haar eine weiße Strähne zulegt.

Das Leiden ist sensitiv und hellsehend; das Glück hat stärkere Nerven und schwächeren Blick.

Ein leidendes Thier sucht die Einsamkeit; der Mensch allein trägt selbst sein Leiden zur Schau.

Wenn wir einen Kummer haben, den wir nicht sagen wollen, so sprechen wir von den alten, die wir sonst versteckten.

Es giebt Leute, die sich von ihrem Schmerze nähren, bis sie fett werden.

Es giebt Thränen, die verbrennen und Narben zurücklassen; es giebt Andre, die das Gesicht verschönernd schmücken, und noch Andre, die drohen und erzittern machen.

Die Angst ist unerträglicher, als der Schmerz; die Angst schärft die Empfindungen, während der Schmerz sie abstumpft.

Wenn man lange von der Freude entwöhnt war, verlangt man sie nicht mehr, und pocht sie an die Thüre, so macht man zitternd auf, aus Furcht, sie sei verkleideter Schmerz.

Diejenigen, welche behaupten, daß besungener Schmerz fast geheilt sei, sind entweder keine Dichter, oder sie haben nie gelitten. Es ist, als sagte man, wenn Einer unter der Folter oder während einer Operation schreit: er leidet nicht.

Hat man ein großes Leiden, so sieht man alle Andern in weiter Ferne, wie am Ende einer ungeheueren Arena. Selbst die Stimmen scheinen von fern her zu kommen.

In schwerem Leid schließt man sich zu, wie die Auster; öffnete man einem das Herz mit Gewalt, so wäre es der Tod.

Muthlosigkeit ist wie ein Schwamm; sie wächst unter Thränen.

Das Mitleid Derer, die nicht gelitten haben, ist wie ein leichter, scharfer Wind, der die Sonne selber kalt macht. Die Theilnahme Derer, die gelitten haben, ist wie ein Thauwind, warm wie der Föhn, selbst im Winter; aber sie macht widerstandslos.

Der Kampf mit der äußeren Welt verdoppelt die Sprungfedern des Organismus; der Kampf mit sich selbst zerbricht sie.

Die Melancholie, wenn sie nicht Körperschwäche ist, ist eine Art von Reconvalescenz, während welcher man sich stets viel kränker fühlt, als während der Krankheit.

Wenn selbst der Schmerz uns verläßt, dann ist es zu Ende.

Das Leiden ist ein trauriger Begleiter, aber es ist doch Einer für die einsame Seele.

Zuerst flieht man den Schmerz, weil er tödtlich ist; später, in der Müdigkeit, sucht man ihn auf, um daran zu sterben; aber er hat nicht mehr tödtliche Kraft.

Nachtrauern ist unerträglicher, als Schmerz; denn oft ist Reue im Grunde.

Suche die Lebenden so zu lieben wie die Todten.

Vor dem ewigen Schweigen bedauert man viele flüchtige Worte.

Mache den, den du liebst, nicht leiden; nach seinem Tode rächt er sich.

Könnten die Todten reden, so würde man nicht so viel Gutes von ihnen sagen.

Wir verbrennen uns auch die Flügel, wie die Insecten; unglücklicherweise sterben wir nicht daran.

»Er wird nie mehr leiden!« Das ist der einzige Trost an einem Grabe; aber ist keiner für den selbstsüchtigen Ueberlebenden.

Was man im Unglück großen Muth nennt, das ist, jenseits des Schmerzes zu stehen. Die tödtliche Kugel fühlt man im ersten Augenblicke nicht.

Die ersten milden Thränen, die man vergießt, sind beim Erzählen. Schweigsame Thränen sind wie Lava: sie verbrennen, sie furchen, sie zerstören.

Nachts ist Alles von Feuer, die Sterne, die Gedanken, die Thränen.

Jeder von uns hat sein Gethsemane und sein Golgatha, wer es überlebt, wer davon aufersteht, gehört dieser Erde nicht mehr an.

Das Genie ist wie die Sonne: es leiht sein Licht.

Oft nennt man Güte, was nur ein Mangel an Geistesgegenwart ist.

Große Denker und hohe Berge erheben uns in unsern eignen Augen.

Ein Gespräch wird bedrückend, wenn man nicht mehr auf das Gesagte antwortet, sondern aus den Gedanken, den man vermuthet.

Vergleiche verderben die Eindrücke, wie Aehnlichkeiten die Gesichter.

Man kann nur geistreich sein, wenn es die Umgebung ebenfalls ist. Der Hahn kann noch soviel den Enten vorkrähen, sie verstehen ihn nicht.

Man fürchtet die Originalität, wie ein allzu neues Kleid und macht die größten Anstrengungen, so zu sein wie Jedermann.

Vor lauter Sprechen setzt man das Gold seines Gedankens in kleine Münze um, bis daß man arm erscheint.

In einem tragischen Augenblick und in schwieriger Lage spricht man Dummheiten. Der Hund bellt, wenn er sich fürchtet.

Um den Geist zu messen, wiegen wir Gehirn und Schädel; es ist, als äße man Traubenbeerenhäute, um die Blume des Weins zu erkennen.

Die Feder tröstet mehr als die Religion und foltert mehr als die Inquisition.

Die Denker regieren die Welt und wissen es nicht, und die Mächtigen werden von der Welt regiert und wissen es nicht.

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