Du bist stolz auf deine Ahnen, ihrer Zahl wegen. Deine Enkel, in denselben Gefühlen erzogen, werden in dir auch nur eine Nummer sehen.

Stolz mit Kraft verbunden, veredelt; mit Schwäche verbunden, erniedrigt er.

Große Ceremonien sind Comödien, auf einer coulissenlosen Bühne gespielt. Daher geht die Illusion verloren, und die Wirkung ist verfehlt.

Es giebt eine Eitelkeit, der schöne Kleider nicht genügen; sie bedarf auch schöner Thaten.

Man begeht Thorheiten, um ritterlich genannt zu werden, und versäumt eine gute That, um nicht Don Quijote zu heißen.

Du darfst vielleicht auf dein Geld stolz sein, das du mühsam gewonnen hast, nicht aber auf dein Talent, das du ererbt.

Eine Demüthigung kann für den gefährlich werden, den der Stolz auf geradem Wege hielt.

Eine ungewollte Demüthigung ist oftmals heilsam; sie empört, wenn sie auferlegt wird.

Der Hochmuth entspringt entweder aus krankem Hirn, oder aus Rassenerschöpfung.

Bescheidenheit ist keine Tugend, sie ist der Abglanz der Tüchtigkeit.

Es giebt eine Bescheidenheit, die nur der Mantel des Hochmuths ist.

Wir beeilen uns, in ein neues Land die Civilisation der Alten zu verpflanzen. Es ist, als ersetzte man Milchzähne durch das Ratelier einer alten Person.

In gewissen Lebenslagen ist man so oft genöthigt, seine Zunge zu fesseln, daß sie davon lahm wird und nur noch Convenienzsätze stammeln kann.

Jedem Sterblichen gönnt man die Zunge und selbst die Feder, um sich zu vertheidigen, von den Souveränen verlangt man, sie sollen wie der liebe Gott sein, der sich beschimpfen läßt, ohne ein Wort zu sagen.

Die Fürsten sind dazu erzogen, mit Jedermann leben zu können; man sollte Jedermann erziehen wie die Fürsten.

Um eines Fürsten Freund zu sein, muß man frei von Leidenschaft, von Ehrgeiz und von Selbstsucht sein, hellsehend und voraussehend — beinahe nicht ein Mensch.

Man citirt oft das Bibelwort: verlasset euch nicht auf Fürsten! und läßt den Nachsatz fort: denn sie sind Menschen.

Die Politik gleicht der Wüste: ein Windstoß bildet einen hohen Berg, und die Fata Morgana sind häufig und gefährlich.

Die Masse ist wie das Meer; sie trägt dich und verschlingt dich, je nach dem Winde.

Das politische Wörterbuch ist sehr beschränkt: das Wort »Mitleid« kommt u. A. nicht darin vor.

Die Kröte verschlingt die Fliege, die Schlange die Kröte, der Adler die Schlange — das ist Politik; sie ist den Naturgesetzen unterworfen.

In manchen Gegenden brät man seine Feinde und verzehrt sie; dieses Vorgehen erspart jeden Gerichtshof und alle Advocaten.

In der Politik opfert man Alles: seinen Freund, seinen Bruder, seine Frau, sein Gewissen. Nur sich selber opfert man seltener.

Die Politik ist wie die Spinne: ein Raubthier.

Früher kam man an den Pranger, heute in die Zeitung.

Hätte Gutenberg die Zeitungen vorausgesehen, er hätte seine Erfindung zerstört.

Der Krieg zwischen zwei gebildeten Völkern ist ein Hochverrath an der Civilisation.

Die politischen Männer, die zum Kriege treiben, sind die Picadores, das Volk ist der Stier.

Die Schmeichler der Souveräne waren Feiglinge. Die Schmeichler der Völker sind Verräther.

Man braucht nur in ein Lazareth einzutreten, um über das Wort »Feind« zu lächeln.

Das Evangelium sagt: Selig sind die Sanftmüthigen; denn sie werden das Erdreich besitzen. Das Evangelium hatte die Politik nicht vorhergesehen.

Zwei Hunde aus einer Schüssel fressend: das ist der Vorabend des Krieges.

Man baut Paläste für Verbrecher und Kanonen wider Helden.

Wenn eine Mutter alle Aengste, alle Schrecken, alle Leiden und Mühen erduldet hat, dann tödtet man ihren Sohn auf dem Schlachtfelde.

Wenn man sieht, wie sich die Zeitgenossen untereinander zerreißen, so wundert man sich nicht über den Zusammenbruch aller irdischen Größe vor den dünnen Stimmen aus dem Moder der Archive.

Früher machte man den Herrschern den Hof, um eine Wohlthat zu erlangen, heute machen die Herrscher den Hof, um eine Wohlthat annehmbar zu machen.

Wenn man deinen Rath gar nicht befolgt, so ist das gleichgültig. Befolgt man ihn dagegen aber halb, so ist es entsetzlich wie eine Fratze.

Bei einer Hochzeit lachen die Männer und weinen die Frauen.

Bett und Selbstgefühl machen unempfindlich gegen Kälte, erzeugen aber öfters vapeurs.

Der Grashalm steht unter deinem Fuße so frisch wieder auf, als zuvor. Leider folgen dir Andere, die einen Pfad machen und das Gras zertreten.

Die Atmosphäre von manchem Ankömmling durchdringt rasch und verändernd einen Kreis von Menschen, wie eine neue Farbe diejenigen ändert, denen man sie beimischt.

Schmeichler fangen stets damit an zu sagen, sie könnten gar nicht schmeicheln.

Cometen und große Menschen lassen einen Lichtschweif hinter sich, in dem sich ein Heer von Unscheinbaren bewegt.

Prüderie ist ein Wohlgeruch, der unreine Lust verbergen soll.

Viele Wunden machen aus dir einen Helden in den Augen der Welt, einen Invaliden in deinen eignen.

Wenn man etwas behaupten will, ruft man Gott zum Zeugen an, weil er niemals widerspricht.

Es gäbe keine Märtyrer ohne die Masse.

Wenn man eine Meinung äußert, stößt man oft wie die Welle an den Felsen. Manchmal schäumt man, andere Male zieht man sich zurück.

Man wird verdrießlich, wenn man eine Bitte kommen fühlt, die man ungern abschlägt. Es ist, als drehte man gegen den Wind mit dem Regenschirm, damit er sich nicht umwendet.

Viele Leute kritisiren nur, um nicht unwissend zu erscheinen, und wissen nicht, daß Duldsamkeit das Zeichen höchster Cultur ist.

Heftigkeit ist für den Augenblick eine Art von Wollust; aber sobald das Blut sich beruhigt, hat man das Gefühl, eine Tracht Schläge bekommen zu haben.

Heftige Menschen vergessen sofort die Ursache ihres Zornes und sind ganz erstaunt, daß man sich ihrer Heftigkeit erinnert. Nur das zurückgedrängte böse Blut bleibt auf dem Herzen.

Man muß entweder sehr fromm, oder ein großer Philosoph sein. Entweder muß man sagen: Vater, dein Wille geschehe! oder: Natur, ich bewundere deine Gesetze, selbst wenn sie mich zermalmen.

Der Aphorismus ist wie die Biene: mit Beute beladen und mit einem Stachel versehen.

Das Reizvolle in eines Kindes Unart besteht im Auflehnen der winzigen Kraft gegen das Herkömmliche, das uns schon längst erdrückt.

Wenn man für einen Zweck arbeitet, erfüllt man oft einen andern, an den man nicht gedacht.

Das cercle machen ist nicht so leer und schaal, als man es denken könnte, wenn man nach den regungslosen Händen und dem decorativen Lächeln schließen wollte. Wieviel man sich in 10 Minuten ärgern, fürchten, auflehnen kann, wieviel lernen, wenn man nur seine Fühlfäden hat! Es ist ein fortwährendes Pulsfühlen, und man hätte oft gern Mikroskop und Secirmesser zur Hand.

Ist der sogenannte Weltschmerz nicht nur ein Uebermaß von Genußsucht?

 Top