Joseph 'Joschka' Fischer über Politiker

  • Ich war einer der letzten Live-Rock'n'Roller der deutschen Politik. Jetzt kommt in allen Parteien die Playback-Generation.

Joseph 'Joschka' Fischer

deutscher Politiker (Die Grünen)

* 12.04.1948 Gerabronn/Baden-Württemberg

Gedanken von Christa Schyboll zum Zitat

An Selbstbewusstsein hat es Joschka Fischer noch nie gefehlt. Seine lebensbunte Biographie weist so viele Schrammen, Spitzen, Erfolge und Besonderheiten auf, so dass es nicht verwundert, wie er über sich selbst spricht und sich in den Kontext zu anderen Politikern und deren Wirken stellt. Ist dies schon Anmaßung oder Hybris? Oder hat er etwa Recht in dem, was und wie er es sagt – aber nach welchen Kriterien genau? Und wen meint er speziell?

Man kann dieses Zitat von Fischer ja vieldeutig deuten und sich dabei durchaus häufig ins Fettnäpfchen setzen. Unumstritten war er selbst ja auch zu keiner Zeit. Auch nicht in der eigenen Fraktion, deren Flaggschiff er jedoch eine lange Zeit war. Sieben Jahre war er Bundesminister des Auswärtigen und Stellvertreter des Bundeskanzlers. Dabei erwarb er sich Lorbeeren und internationale Achtung. Jene grünen Parteigenossen, die er dabei immer wieder mit seiner Haltung oder seinen Entscheidungen vor den Kopf stieß, mussten seine Erfolge und seine Beliebtheit dennoch neidlos anerkennen. Beliebt wurde er nicht nur im Ausland, sondern auch über seine Parteigrenzen hinaus. Er verschaffte der grünen Partei eine breite gesellschaftliche Anerkennung, die sie bis dahin so nicht kannte. Das spiegelte sich mehr und mehr auch in den Wahlen wieder.

Als der dann aber nach seinem Amt als Präsident des Rats der Europäischen Union aus der aktiven Politik zurück zog und als Unternehmensberater verdingte sowie in verschiedenen Position in der Wirtschaft tätig war, zerbröckelte viel von dem bunten Spiegel eines schwer erfassbaren Menschen zu etwas Undefinierbarem, an dem sich viele stießen. Denn nun wurde er Lobbyist für Siemens – ein Weltkonzern der auch im Waffengeschäft eine große Nummer ist. Und auch die Lobbyarbeit für BMW oder RWE, auf deren Gehaltslisten er stand, dürfte mit grüner Politik und grüner Ethik so manche hochkritische Frage aufwerfen. Dass all dies legal war und ist, steht nicht zur Debatte.

Mehr stellt sich die Frage der Glaubwürdigkeit, nachdem er dann nach internationaler politischer Anerkennung hier offenbar einen schwer zu definierenden Wechsel vollzog, den viele Menschen nicht mit nachvollziehen konnten. Ist Geld und Macht eben doch verführerischer als es den Anschein hat? Selbst bei alten Kämpen und Rebellen im Format eines Joschka Fischers? Vielleicht sind jene Menschen vor allem enttäuscht, für die er ehemals der Vorzeige-Grüne schlechthin war… und nun das Leben eines reichen Privatiers führt, der mit Superhonoraren und als Lobbyist der Industrie an der Zuckerseite des Lebens ankam, auf das er nicht nur gesetzlich natürlich jedes Recht der Welt hat.

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