Voltaire über Reichtum

  • Wer seine Wünsche zähmt, ist immer reich.

Voltaire

französischer Philosoph und Schriftsteller

* 21.11.1694 Paris (Frankreich)
† 30.05.1778 Paris (Frankreich)

Gedanken von Christa Schyboll zum Zitat

Der französische Philosoph Voltaire hinterließ uns viele Weisheiten. Unter anderem auch "Wer seine Wünsche zähmt, ist immer reich." Die Erfüllung von Wünschen ist das, was uns hier in Deutschland unter anderem reich gemacht hat. Denn Wünsche sind Bedürfnisse, die mit Waren aller Art befriedigt werden können. Werden viele Wünsche erzeugt, folgen die Waren, die den Konsum steigern, die Arbeitsplätze mehren, das Gesamtniveau anheben und den Geist nach immer neuen Erfindungen befeuern. Wünsche sind insofern auch Antrieb für den Geist, für Erfindungsreichtum, der zur Prosperität der gesamten Gesellschaft führen kann. Wünsche machen also de facto eine Gesellschaft nachweislich reich – sofern sie die Sache mit der Wunschbefriedigung auch beherrscht.

Und dennoch warnt uns Voltaire. Ja, er rät ab und verkehrt unsere Realität sogar ins Gegenteil. Warum? - Zu vermuten ist, dass Voltaire die dunkle Seite der Wünsche im Visier hatte. Und diese Seite meint die Abhängigkeit, die durch Wünsche erzeugt wird. Wer wünscht, braucht etwas... braucht sogar vieles. Er braucht nicht nur ausreichend Geld zur Erfüllung, sondern muss dieses Geld in irgendeiner Weise auch erwirtschaften. Hat er Glück im Leben, so fällt ihm diese Erwirtschaftung leicht und macht ihm noch Spaß dabei. Dieser Glücksumstand ist jedoch vielen Menschen nicht in die Berufsbiografie eingeschrieben, weil sie oft nur sehr wenig verdienen, die gerade das Existenzielle bestenfalls abdecken. Dazu kommt, dass je nach Wunsch noch eine ganze Reihe von weiteren Voraussetzungen über den finanziellen Bedarf hinaus gegeben sein müssen. Mal betrifft es die Ressourcen der Erde, die wir ihr brutal für unsere immer größeren Wünsche entreißen, mal schädigen wir die Pflanzenwelt nachhaltig oder quälen im großen Stil Tiere, um egoistische menschliche Bedürfnisse zu erfüllen. Das alles schaffen wir nur, weil wir die Umstände der Erzeugung der gewünschten Waren vortrefflich gut verdrängen. Auch Luft- oder Wasserverschmutzung sind Folge unserer Wünsche. Und die Städte, in denen kaum noch ein freies Durchatmen möglich ist, mehren sich.

Viele Menschen befinden sich lebenslang auf einem atemlosen Marathonlauf von Wunsch zu Wunsch, ohne jemals eine innere Befriedigung z u erhalten. Der Wunsch und seine Befriedigung werden zur Sucht, zur Abhängigkeit, zu einer beständigen Unruhe, die auch eine scheinbar finanziell hochstehende Lebensqualität oft zweifelhaft erscheinen lässt.

Sollte also Wunschlosigkeit das letzte Ziel unserer Wünsche sein? Vielleicht reicht ja schon, wenn wir uns vor Augen führen, dass Weniger MEHR sein kann, Bescheidenheit zu neuer Tiefe fürs Wesentliche führen kann. Vielleicht ist der innere Reichtum, den Voltaire beschwört dann von uns allen zu erringen und zu genießen.

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