Johann Jakob Wilhelm Heinse über Glück

  • Des Menschen Wille ist sein Himmelreich.

Johann Jakob Wilhelm Heinse

deutscher Schriftsteller

* 15.02.1746 Langewiesen, Thüringer Wald
† 22.06.1803 Aschaffenburg

Gedanken von Christa Schyboll zum Zitat

Die Sache mit dem menschlichen Willen ist einfach und schwierig zugleich. Wir haben einen Willen, aber wir beherrschen ihn oft nicht. Umgekehrt scheinen wir Menschen häufig an den Marionettenfäden eines Willens zu hängen, den wir manchmal nicht einmal als den eigenen Willen erkennen können – selbst dann, wenn er es ist.

Der Gegenspieler unseres Willens ist der sogenannte "innere Schweinehund" – sprich: unsere Willensschwäche. Sie bremst uns wieder und wieder im Leben aus und macht uns manchmal – gefühlt – wie zum Werkzeug eines fremden Willens.

Es gibt Fälle, wo es tatsächlich jedoch de facto ein fremder Wille ist, dem wir uns freiwillig oder unfreiwillig unterordnen. Warum wir das tun, ist leicht erklärt: Wir sind zu schwach, uns dagegen zu wehren oder aufzulehnen. Er oder es ist einfach stärker als unsere eigene Willenskraft.

Doch was überhaupt ist ein Wille oder die Willenskraft? Der Begriff stammt von wollen ab und kommt aus dem Lateinischen: voluntas oder volitio. Wir wollen etwas, wünschen uns etwas. Dahinter steht ein Bedürfnis oder ein geistiger Akt für ein Vorhaben. Es kann sich dabei um Absichten, Pläne, ein Begehren, eine Sehnsucht oder einen Wunsch handeln, der uns Antrieb gibt. Stark wird ein Wille oftmals erlebt, wenn er in festen Zielvorgaben verankert wird oder in Entscheidungen, Beschlüssen oder Gesetzen. Hier steht dann schon ein geplantes und bewusstes Handeln mit im Vordergrund und setzt sich von den mehr emotionalen Wünschen und Begehren ab.

Verbunden wird der Wille, der das Himmelreich für den Menschen zu sein scheint, oft mit den Begriffen Willensfreiheit und Willensstärke. Bei beiden unterschiedlichen Begriffen spielt der Level des Bewusstseins des Willensträgers eine überragende Rolle, wenn es um die Durchsetzung oder Umsetzung geht.

Philosophisch wird über die Willensfreiheit seit endlosen Zeiten gestritten. Sie wird sehr verschiedenartig ausgelegt, argumentiert, interpretiert, bejaht und verneint. Und das nicht nur unter Laien, sondern auch von verschiedenen Denkschulen oder philosophischen Richtungen. Bis heute fehlt eine allgemein anerkannte Definition, was genau man sich unter dieser Form der Freiheit vorzustellen hat. Hier mischt nicht nur die Philosophie auf und mit, sondern auch die Jurisprudenz, die Psychologie und auch der gesunde Menschenverstand. Grob verallgemeinernd jedoch kann festgehalten werden, dass man darunter die subjektiv empfundene menschliche Fähigkeit meint, bei verschiedenen Wahlmöglichkeiten eine bewusste Entscheidung treffen zu können.

Himmelsreich oder das Tor zur Vorhölle?

Spitzfindige Denker würden aber allein schon bei dieser Formulierung tausend Einwände und Fragen haben, wie es denn um diese Wahlmöglichkeiten steht, inwiefern wir tatsächlich frei und nicht längst unbemerkt manipuliert, determiniert oder abhängig (von was auch immer) sind und wie auch die Frage des Bewusstseinszustandes und seiner Klarheit in diesem Zusammenhang denn zu deuten ist. Das alles ist letztlich so kompliziert, dass seit über zwei Jahrtausenden keine Übereinkunft darüber erzielt werden konnte.

Die Willensstärke oder auch die Willenskraft sind da schon klarer zu betrachten. Sie zeigen sich beide letztlich im Ergebnis eines Willensaktes. Hier jedoch ist interessant, wie verschieden stark oder schwach sie aus welchen Gründen auch immer bei einem Menschen so und bei einem anderen Menschen wieder ganz anders vorkommen. Das sind keine bloßen Zufälle, sondern Fragen des Geisteszustandes respektive der bewussten Arbeit mit den eigenen geistigen Werkzeugen. Hier haben wir es überwiegend selbst in der Hand, inwieweit wir die uns gegebenen Chancen nutzen oder brach liegen lassen.

Die Werkzeuge, die es für einen starken Willen braucht, sind vor allem Konzentrationsfähigkeit auf die Sache (Plan, Wunsch). Auch das Durchhaltevermögen und die Zähigkeit, nicht zu schnell aufzugeben, wenn die Umsetzung Zeit und Geduld abverlangt, gehören ebenso dazu wie auch eine hohe Frustrationstoleranzgrenze, wenn es nicht immer gleich so läuft, wie man es sich wünscht. Je selbstbewusster jedoch ein Mensch ist und daran in gesunder Weise arbeitet, werden sich diese notwendigen Kräfte auch in ihm entwickeln und gemeinsam mit immer neuer Eigeninitiative dem gesteckten Ziel auch näher kommen können.

In all diesen Bemühungen leben auch viele kreative und schöpferische Aspekte, die der eigenen Lebensqualität einen positiven Schub verleihen können und die Erfahrungsbandbreite der Erlebnismöglichkeiten bereichern. So wird der Wille des Menschen zu seinem "Himmelsreich". Doch wehe, er ist unzureichend und schwach. Dann kann das "Himmelsreich" auch schnell zur „Vorhölle“ werden, die kluge Menschen jedoch leicht zu vermeiden wissen werden.

 Top