Johann Wolfgang von Goethe über Welt

  • Die Welt ist ein Gefängnis.

Johann Wolfgang von Goethe

deutscher Dichter

* 28.08.1749 Frankfurt am Main
† 22.03.1832 Weimar

Gedanken von Christa Schyboll zum Zitat

Nur wenige bedeutende Menschen, von deren Leben uns viel überliefert ist, waren wohl je so innerlich und äußerlich frei, wie Johann Wolfgang von Goethe. Und dennoch hinterlässt er uns eine Botschaft, von der wir nicht genau wissen, wie er sie gemeint haben könnte. Der Versuch einer Annäherung ist wohl möglich, jedoch ohne letzte Gewähr, dass er seinen Ausspruch vielleicht auch in eine ganz andere Richtung gedacht haben mochte.

Johann Wolfgang von Goethe war ein sehr guter Menschenkenner, der zudem auch viel über die Gesetzmäßigkeiten menschlicher Entwicklung wusste. Ihm waren die Zusammenhänge der Dinge in einer Tiefe klar, von denen wir heute oft noch weit entfernt sind, sie schon in ähnlicher Qualität begreifen zu können. Man denke hierbei nur allein an seine Fähigkeit des Urphänomenalen Erschauens und was er alles daraus ableitete. So wusste er natürlich auch um Gesetzmäßigkeiten, die über die uns allen allgemein bekannten "gesellschaftlichen Gefängnisse" weit hinausgehen. Er wird bei diesem Ausspruch vermutlich also nicht nur bei politischen Erwägungen oder gesellschaftlichen Konventionen stehengeblieben sein, sondern die Dinge tiefer durchdacht haben.

Das Gefängnis, das Goethe eventuell gemeint haben könnte, könnte zum Beispiel der Zwang zur Entscheidung gewesen sein. Laufend müssen wir Menschen uns zwingen, zu irgendetwas JA oder NEIN zu sagen. Damit sind wir Gefangene einer Freiheit, die wir oft kaum ertragen, die uns überfordert und überlasten kann. Auch sind wir Gefangene in diesem kurzen Zeitraum zwischen Leben und Tod. Beides geschieht, ohne dass wir uns als Mensch dagegen wehren können. Der drohende und sich auch einstellende körperliche Tod ist ein Fakt, der uns schon zum Gefangenen von Geburt an machen kann. Allein der menschliche Geist kann sich aus dieser Gefangenschaft befreien, sofern er individuell den Ausweg daraus findet.

Auch sind wir gefangen in den vielfältigen Verstrickungen des Alltags, unserer Kultur, unserer Prägungen und Gesellschaft. Dazu gehört das Spannungsverhältnis zwischen jung und alt, gesund und krank, arm und reich, um nur plakativ einige der dualistischen Gefängnismauern zu beschreiben, in die wir vorübergehend wie gekerkert scheinen.

Gefängnisse haben in der Regel Türen. Die meisten mögen zwar noch verschlossen sein. Sie sind aber zu öffnen, denn irgendwie muss der Gefangene ja auch hineingekommen sein. Der Ausweg aus dem Gefängnis des Lebens geht über die Kraft der Gedanken, die schöpferische Aktivität des Geistes. Wenn wir uns ihr stellen, bekommen wir Flügel und können die Mauern des irdischen Gefängnisses schon zu Lebzeiten durchschreiten.

Ein Glaube an diese Möglichkeit, lässt diese imaginären Flügel wachsen und erstarken. Der Ausweg ist also möglich…

 Top